190 Der Rechtsschutz in Verwaltungssachen.
I. Bei Ausarbeitung des Bürgerlichen Gesetzbuches
war man sich bewußt, hier ein Grenzgebiet zu betreten nach dem
öffentlichen Rechte hin; maßgebend wurden dabei die staatsrecht-
lichen Anschauungen, wie sie in Preußen im Schwange waren.
Danach sollte man es mit der persönlichen Verantwortlichkeit der
Beamten strenge nehmen; für den Staat’ aber spielte die Unter-
scheidung zwischen dem eigentlichen Staat und dem Fiskus die
große Rolle: dem letzteren wäre hier beizukommen in demselben
Maße wie anderen „juristischen Personen des Privatrechts“ auch;
der eigentliche Staat, für den bei Ausübung der Hoheitsrechte ge-
handelt wird, ist grundsätzlich einer solchen Haftung unnahbar?.,
Dementsprechend findet sich jetzt der Gegenstand in dreierlei
Richtung behandelt.
l. Der Staat als Fiskus, d. h. in Lebensäußerungen privat-
wirtschaftlicher Art, muß sich, wie eine juristische Person des
Privatrechts, das zu Schadensersatz verpflichtende Verhalten an-
rechnen lassen, durch welches „sein Vorstand, ein Mitglied
desselben oder ein anderer verfassungsmäßiger Ver-
treter“ einen Dritten geschädigt hat®. Dadurch sollen diese
9 Der erste Eutwurf des B.G.B. ist 1888 herausgekommen. Der Stand-
punkt, der für die Verfasser maßgebend ward, findet sich aufgezeichnet in
v. Roenne, St.R. d. Pr. Monarchie 4. Aufl. (1883) 11I, S. 568 ff., S. 588 f.
Danach haftet der Beamte persönlich dem Verletzten sehr streng; der Staat
aber wird entsprechend der noch sehr lebendigen Fiskustheorie geteilt: „Der
Staat als solcher (die Staatshoheit)“ kann privatrechtlich nicht haftbar werden;
er hat ja nach dieser Lehre überhaupt kein Geld. Der Staat „als Erwerbs-
gesellschaft aber, also als Fiskus (Inbegriff des Staatsvermögens)* hat Geld
und kann haftbar werden wie „jede andere juristische Person.“ Daraus ergibt
sich für den Fiskus auch eine gewisse Haftbarkeit für die Verfehlungen seiner
Beamten; dagegen steht auch er nicht ein für den Schaden, den die „mit der
Regierungsgewalt beauftragten“ Beamten des Staates anrichten; er ist in Be-
ziehung auf die Organe der Staatsgewalt ein „dritter“, der noch weniger für
deren Handlungen oder Unterlassungen zu haften hat (a. a. O. S. 584 Note 8). —
Das B.G.B., das doch nicht mehr so unverhohlen mit der Doppelpersönlichkeit
des Staates arbeitet, schließt sich, was den letzteren Punkt betrifft, dieser
Auffassung nicht geradezu an; es setzt sie aber als möglich voraus und richtet
sich, wie wir sehen werden, danach ein.
8 BGB. $ 31, $ 89. In der Kommission der zweiten Lesung (Prot. I
S. 607) war ein Antrag gestellt gewesen, der diese Abgrenzung genauer be-
zeichnen wollte durch die Formel: „wenn die juristische Person des öffent-
lichen Rechts in ein Verhältnis des bürgerlichen Rechtes eintritt und die Ver-
richtung sich auf ein Verhältnis dieser Art bezieht“. Das war wieder die oben
(S.118 Note 4) gekennzeichnete Vorwegnahme. Erschlägt der Baum, den der Forst-
fiskus fällen läßt, die Kuh des Bauern, go wird eine privatrechtliche Schadens-