$ 18. Haftung für rechtswidrige Amtshandlungen. 193
Die Dienstpflicht muß für den Einzelfall einen bestimmten
Inhalt bekommen haben, so daß durch sie eine Forderung an
den Beamten gestellt ist, sich in bestimmter Weise zu verhalten.
Die Form, in welcher ihr diese Bestimmtheit gegeben wurde, ist
gleichgültig; alles genügt, was den Erfolg hervorbringt !°.
Diese Forderung muß der Dienstpflicht zugleich die Richtung
geben auf einen bestimmten Einzelnen, dem ihre Erfüllung
zugute kommen soll; wird dieser durch die schuldhafte Nicht-
erfüllung geschädigt, so haftet ihm der Beamte!!,
den Verhandlungen der Bayr. Abg. Kammer den terininus technicus „Amts-
pflichtüberschreitung“; Bornhak, Preuß. St.R. II S. 43 ff. prägt das Wort
„negative Überschreitung der Zuständigkeit“).
10 Der I. Entw. $ 736 wollte nur die dem Beamten gesetzlich gegen-
über dritten obliegende Amtspflicht so wirken lassen. Man glaubte so eine
Brücke zu finden für die ungewohnte Wirkung zugunsten des Dritten. Allein
auch ein Rechtssatz — der ist hier gemeint — würde hier immer nur die
vollziehende Gewalt, den verwaltenden Staat unmittelbar binden, seinen Beamten
aber, der für ihn das Gesetz zu erfüllen hat, erst durch Vermittlung der
Dienstpflicht (vgl. oben $7 n.2). Es war also richtiger, die Sache schlechthin
auf die Amtspflicht zu stellen. Diese kann aber nicht blos rechtssatzmäßig
ihre Bestimmung erhalten (durch Gesetz, Verordnung, Statut), sondern auch
durch Dienstvorschrift, kraft der Dienstgewalt; Schelhorn, in Annalen
1906 S. 544. Es ist dabei nicht bloß an eine allgemeine Dienstanweisung, In-
struktion, Verwaltungsvorschrift zu denken. Auch ein Dienstbefehl für
den Einzelfall genügt. Überdies kann die geforderte bestimmte Dienst-
pflicht auch ohne solche ausdrückliche Erklärungen sich von selbst ergeben
aus dem allgemeinen Zweck und Sinn des Amtes, zu welchem der
Mann im Staats- oder Gemeindedienst bestellt ist; der Nachtwächter wird
haften, wenn er den Einbruch nicht verhindert, wo er konnte, auch wenn ihm
nichts weiter gesagt war als: er sei zum Nachtwächter ernannt.
ıı „Verletzt ein Beamter die einem dritten gegenüber zu erfüllende
Dienstpflicht* — so würde B.G.B. 8 839 richtig lauten, denn so ist es gemeint.
Nicht jede Verletzung der Dienstpflicht erzeugt also einen Schadensersatz-
anspruch. Die Verletzung von „internen disziplinarischen Vorschriften“ fällt
von vornherein weg: so lange alles „intern“ bleibt, ist an eine Schädigung des
Dritten wohl kaum zu denken. Aber auch wo der Beamte „zu einem be-
stimmten Verhalten ganz allgemein im Verhältnis zum Publikum verpflichtet
ist“ (Schelhorn, in Annalen 1906 S. 545) und aus Versäumnis dieser Pflicht
jemandem ein Schade erwächst, trifft $ 839 nicht ohne weiteres zu. Nöldeke
in Gruchot, Beitr. 1898 S. 812, führte den Fall an, daß der Amtsrichter ver-
säumt, seinen Gerichtsschreiber pflichtgemäß zu beaufsichtigen und dieser da-
durch in den Stand gesetzt worden ist, einem Dritten zu schaden; er ent-
scheidet mit Recht, daß der Richter hier nicht hafte. Hätte der Richter dem
bestimmten Fall gegenüber Anlaß gehabt, zugunsten dieses Dritten mit
seinem Aufsichtsrechte einzuschreiten, so wäre allerdings eine ihm dem Dritten
gegenüber obliegende Amtspflicht verletzt gewesen. Oertmann, Kom. 11 zu
Binding, Handbuch. VI. 1: Otto Mayer, Verwaltungsr. I. ?. Aufl. 13
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