$ 18. Haftung für rechtswidrige Amtshandlungen. 197
Den vollen Gegensatz zu den Fällen des Spruchrichters und
dessen, was in der Verwaltung ihm gleicht, wo die Amtspflicht
also wesentlich auf die erforderliche Kraft der Entschlußfassung
abgestellt ist, bilden solche Fälle, in denen der Beamte eine für-
sorgliche Tätigkeit entwickeln, den Einzelnen vor Schädigung
bewahren und seine Angelegenheiten durch die Genauigkeit obrig-
keitlicher Feststellung sichern soll. Hier ist gerade der Irrtum
der Feind, samt der Unkenntnis, dem Mißverständnis, der Ver-
wechslung; vor ibrer Einwirkung die Sache zu hüten, ist des
Beamten erste Pflicht, und wo er nicht in der Lage ist sicher zu
gehen, muß er aufklären oder seine Mitwirkung verweigern. Die
Nichtvermeidung des Irrtums ist selber schon Pflichtverletzung:
die Haftung dem geschädigten Dritten gegenüber erscheint in ihrer
ganzen Strenge !%.
Zwischen den beiden Endgruppen liegt dann das Gebiet amt-
licher Tätigkeit, für welches die Amtspflicht eine besondere
Bestimmtheit gegenüber der Frage des Irrtums nicht
enthält! Dann kann der Irrtum gleichwohl noch in Betracht
kommen für die Entscheidung über die Schadensersatzverbindlichkeit.
Aber dieses nur nach Maßgabe der gewöhnlichen Regeln des Rechts
der unerlaubten Handlungen, insofern auch bei der Beamtenhaftung
ein Verschulden verlangt wird, welches der Irrtum auszuschließen
vermag '®. —
14 Als die Gebiete, für welche eine Beschränkung der Haftung auf grobe
Fahrlässigkeit nicht möglich sei, wurden in der Kommission Il. Lesung be-
zeichnet: das Grundbuchwesen, das Vormundschafts- und Hinterlegungswesen
(Prot. II S. 662). Das sind in der Tat die Hauptbeispiele verschärfter Haft-
pflicht aus dem der Kommission vertrauten Bereiche der Justiz. Ein Beispiel,
wie sehr diese sich hier ins Einzelne nachrechnen lassen muß, in R.G. 21. Febr.
1908 (Entsch. LXVII S. 408), — Bei der Verwaltung wird namentlich der Be-
trieb der öffentlichen Anstalten solche Fürsorgepflichten hervorbringen: Schulen,
Leihhäuser, Schlachthäuser u. dgl.
15 Der I. Entwurf 8 736 Abs. 3 hatte die Besonderheit des Spruchrichters
auch gelten lassen wollen „bei der ihm obliegenden Leitung einer Rechts-
sache“. Das ist gestrichen worden. Damit ist dieses Geschäft aber nicht von
selbst eingetreten in den Kreis der verschärften Verantwortlichkeiten, welche
die besonderen Fürsorgepflichten bedeuten. In der Verwaltung wird das als
der Normalfall anzusehen sein, aber dem tatsächlichen Umfang nach lassen
jene beiden gegensätzlichen Bestimmungen auch nicht so viel für ihn übrig.
16 Das ist aber dann eben nicht der besondere amtliche Irrtum, der die
Anmtspflichtverletzung ausschließt, und kommt deshalb bei der hier unter Il
n. 3 zu behandelnden Vorentscheidung nicht in Betracht: Oppenhoff,
Ressortverhältnisse (1904) S. 410 Note 67. Vgl. auch hier unten Note 17.