Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

202 Der Rechtsschutz in Verwaltungssachen. 
Dazu kam nun das Gesetz betreffend die Konflikte vom 
13. Februar 1854 mit einer Nachbildung der garantie constitution- 
nelle. Die Notwendigkeit einer Verfolgungserlaubnis besteht aber 
hier nicht von vornherein, sondern nur dann, wenn die vorgesetzte 
Behörde des Verklagten die Frage aufwirft, „den Konflikt erhebt.“ 
Auch über diesen entscheidet der Kompetenzkonfliktsgerichtshof. 
Aber sein Ausspruch hat dabei nicht zum Inhalt eine Zuständigkeits- 
frage, sondern: „ob dem Beamten eine zur gerichtlichen Verfolgung 
geeignete Überschreitung seiner Amtsbefugnisse oder Unter- 
lassung einer ihm obliegenden Amtshandlung zur Last fällt.“ Das 
ist die autorisation prealable des französischen Rechts, Zweck- 
mäßigkeitserwägungen sind dabei maßgebend wie dort?®, und der 
Mangel der Verfolgungserlaubnis macht das Verfahren unzulässig 
und ungültig wegen fehlender Formbedingung °®. 
2. In diese Rechtszustände greift nun die Reichsjustizgesetz- 
gebung hinein mit den schwer erkämpften Bestimmungen des $ 11 
E.G. z. G.V.G.: die Zulässigkeit der gerichtlichen Verfolgung von 
Beamten wegen einer Amtshandlung kann an eine reichsgesetzlich 
reglementierte Vorentscheidung gebunden, sonst aber von der 
dem Kläger eine Frist gesetzt zur Beibringung einer günstigen Entscheidung 
der Beschwerdeinstanz. Das war das französische Urbild. Die herrschende 
Auffassung aber nahm, wie die bayrische Praxis (oben Note 23), so lange die 
Vorfrage nicht günstig gelöst war, eine Unzuständigkeit des Gerichtes an für 
die ganze Klage, die ja tatsächlich ohne diese Vorfrage nicht erledigt 
werden konnte: Oppenhoff, Ressortverh. (1909), S. 343 Anm. 165; S. 476 
Anm. 84. 
26 Bei der zweiten Beratung des G.V.G. im Reichstagsplenum spendete 
Gneist dem Kompetenzkonfliktshof das Lob, daß er von dem ihm dadurch 
eingeräumten freien Ermessen keinen Gebrauch gemacht habe: Hahn, Mat. 
z. G.V.G. 11, S. 1407. 
2° Die Fachausdrücke waren von Anfang an sehr unglücklich. Der 
„Konflikt“ betrifft nicht die Zuständigkeitsfrage, ist daher „kein eigentlicher 
Kompetenzkonflikt“: Oppenhoff, Kessortverh. (1904), S. 396 Anm, 6. Ver- 
mengungen kamen immer vor; vgl. z. B. C.C.H. 11. Dez. 1858 (J. M. Bl. 
1864 S. 92). — Die „Zulässigkeit des Rechtswegs“ im Ges. v. 11. Mai 1842 
und anderwärts bedeutet die Zuständigkeit der Gerichte im Verhältnis zur 
Verwaltung. Die „Zulässigkeit der Klage“ würde im Gegensatz dazu bedeuten, 
daß die Formbedingungen für ihre gültige Erhebung erfüllt sind, insbesondere 
also auch beim sogenannten „Kontlikt“ die Verfolgungserlaubnis besteht. „Zu- 
lässigkeit der Rechtsverfolgung“ sollte dasselbe besagen. Die Versuchung 
liegt aber allzu nahe, auch dieses mit „Zulässigkeit des Rechtswegs“ zu 
bezeichnen. Vgl. z. B. die bunte Ausdrucksweise Laskers bei der Beratung 
des G.V.G. (Hahn, Mat. Il, S. 1624). llier handelt es sich doch um sehr ver- 
schiedene Dinge.
	        
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