Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

$.- 18. Haftung für rechtswidrige Amtshandlungen. 203 
Landesgesetzgebung nicht beschränkt werden. Diese Vorentscheidung 
vertritt die Stelle der französisch-rechtlichen Verfolgungs- 
erlaubnis nach der garantie constitutionnelle; alle anderen Ein- 
richtungen dieser Art und Absicht sind durch $ 11 ausgeschlossen. 
Nicht getroffen sind davon landesgesetzliche Bestimmungen, 
welche im Sinne des anderen Grundsatzes des französischen Rechts 
die Zuständigkeit der Gerichte einschränken mit Rücksicht 
auf die Amtshandlung, die hier auf ihre Rechtsgültigkeit zu unter- 
suchen und zu prüfen wäre. Mit diesen hat aber die Reichsjustiz- 
gesetzgebung bereits aufgeräumt durch die unverbrüchlichen Regeln, 
mit welchen sie die gerichtliche Zuständigkeit gerade vor solchen 
Beeinträchtigungen sichern wollte®". 
37 Das gilt von den beiden oben besonders besprochenen Einrichtungen 
dieser Art, der bayrischen (Note 23) und der preußischen (Note 24). 
In Bayern hat man, in der Annahme, daß das bisher beobachtete Ver- 
fahren unhaltbar geworden sei, durch Ges. vom 8. Aug. 1879 Art. 7 Abs. 2 
eine Vorentscheidung im Sinne von $ 11 E.G. z. G.V.G. schaffen wollen (vgl. 
darüber unten Note 32). Die bayrischen Schriftsteller behaupteten dann 
durchweg, diese Annahme sei ein Irrtum von Regierung und Volksvertretung 
gewesen: Kahr, V.G.H.Ges. S. 68 Note 1; Hauser in Ztschft. f. Reichs- u. 
Landesrecht IV, S. 285, S. 803ff.; Krais in Bl. f. adm. Pr. XXXIII, S. 114; 
Seydel, Bayr. St.R. (1. Aufl.) II, S.461; Lippmann in Annalen 1895 S. 467 
Note 2. Allein ein Irrtum lag nur insofern vor, als die Gesetzgeber glaubten, 
es sei $ 11 E.G. z. G.V.G., der die Unhaltbarkeit des bisherigen Verfahrens 
bewirkt hätte. Dieser allerdings trifft jene französischrechtliche Zuständigkeits- 
ordnung wegen der Vorfrage nicht; aber Z.P.O. & 139 (jetzt $ 148) tut es. 
Wenn man, wie die genannten Schriftsteller wollen, diese Ordnung neben 
der neuen Vorentscheidungseinrichtung fortbestehen läßt, so erhält die Klage 
nach der Schilderung, welche Hauser, in Ztschft. f. Reichs- u. Landes- 
recht IV S. 306, V S. 21, gegeben hat, folgenden Gang: Zuerst muß der Kläger 
eine Entscheidung der zuständigen Verwaltungsbehörde erwirken über die 
Rechtmäßigkeit der schädigenden Maßregel; ist diese verneint, so erwirkt er 
bei dem obersten Verwaltungsgericht eine Vorentscheidung über die Zulässig- 
keit der Verfolgung; ist diese bejaht, so kommt er — endlich! — an das zu- 
ständige Zivilgericht, um eine Verurteilung zu beantragen. Hauser geht 
dabei von der irrtümlichen Meinung aus, das sei auch nach französischem 
Rechte so gewesen; vgl. jedoch oben bei Note 21. 
In Preußen scheint es herrschende Meinung zu sein, daß die Zuständigkeits- 
beschränkung wegen der öffentlichrechtlichen Vorfrage, wie $ 6 des Ges. v. 
1842 sie schuf, neben der reichsgesetzmäßig eingerichteten Vorentscheidung 
noch fortbestehe; vgl. namentlich L.V.G. $ 131. Man kommt dadurch ganz 
zu dem Gang des Verfahrens, wie wir ihn soeben von Hauser geschildert 
sahen: O.V.G. 11. Febr. 1882 (Entsch. S. 413) unterscheidet sorgfältig die 
nämlichen drei Verfahrensarten, die der bedauernswerte Kläger durchzumachen 
hat. Auch das Reichsgericht hat sich nach einigem Schwanken (R.G. 10. Juni 
1882; Entsch. V S. 48) zu dieser Auffassung bekannt: R.G. 26. April 1887
	        
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