204 Der Rechtsschutz in Verwaltungssachen.
Das Vorentscheidungsinstitut selbst gestaltet sich aber gemäß
der reichsrechtlichen Normativbestimmungen wie folgt:
Vorausgesetzt wird, daß die Verfolgung, Klage im Zivil-
prozeß oder Klage und Anklage im Strafprozeß, sich richtet gegen
einen öffentlichen Beamten und gegründet wird auf amt-
liches Verhalten in Dingen, die nicht eine Vertretung des
Fiskus bedeuten, also auf dem Gebiete der Öffentlichen
Gewalt, des öffentlichen Rechts liegen. Das Anwendungsgebiet
der Vorentscheidung deckt sich mit dem von B.G.B. $ 83928,
Das Landesgesetz kann alsdann die Zulässigkeit der gericht-
lichen Verfolgung unbedingt an eine dafür lautende Vorent-
scheidung binden oder nur für den Fall des Verlangens der
vorgesetzten Behörde des Verfolgten. Ersterenfalls wirkt das
(XVIII S. 128); 16. Febr. 1888 (XX S. 295); 22. April 1895 (Gruchot, Beitr.
XXXIX, S. 1023); 29. Mai J%2 (Gruchot, Beitr. XLV], S. 1103). Der Beweis
des Fortbestandes jener Bestimmung pflegt dann sehr einfach geliefert zu
werden — gerade wie in Bayern — durch die Hervorhebung der Tatsache,
daß sie durch E.G. z. G.V.G. $& 11 nicht aufgehoben worden ist: R.G. 16. Febr.
1888 (XX S. 802); 29. Mai 1902 (Gruchot, Beitr. XLIX S. 1106); 15. Nov. 1904
(Entsch. LIX S. 171). F. Stein, Just. u. Verw., S. 115, bemerkt gegen mich:
er glaube, daß das richtig sei. Ich glaube das auch; aber damit ist die Sache
für das Preußische Recht so wenig erledigt, wie für das Bayrische. — Ein
großes Argument für die Zulässigkeit einer solchen Zuständigkeitsordnung um
der öffentlichrechtlichen Vorfrage willen möchte man darin finden, daß nach
G.V.G. 8 13 die Landesgesetzgebung ja die ganze Schadensersatzklage gegen
Beamte den Gerichten entziehen und der Verwaltungsbehörde übertragen
könnte: Hauser, in Ztschft. f. Reichs- u. Landesrecht IV, S. 303ff.; Sarwey,
Öff. R. u. Verw.R.Pfl.., S. 309.; Nadbyl, in V.R. Wörterb. I S. 822. Das
könnte sie allerdings, aber sie hat es nicht getan. Die Verwaltungsbehörde ist
ja durch Ges. v. 1842 $ 6 keineswegs zuständig geworden für die bürgerliche
Rechtsstreitigkeit, um die es sich hier handelt; über diese kann nach wie vor
niemand entscheiden, als das ordentliche Gericht; nur ist dieses in seiner Zu-
ständigkeit gehemmt und verhindert, davon Gebrauch zu machen, um der
öffentlichrechtlichen Vorfrage willen. Nach Z.P.O. 8 148 ist das dem Landes-
gesetz nicht erlaubt.
28 Vgl. oben In. 2. Für Bayern hatte Seydel, Bayr. St.R. (1. Aufl.) 11,
S. 465, die Vorentscheidung für jede Verfolgung des Beamten wegen Amts-
handlungen in Anspruch genommen, da es sich dabei um ein „öffentliches
Dienstverhältnis“ handle. Allein es muß sich auch um öffentliche Verwaltung
handeln; vgl. oben S. 192. Durch das Bayr. Ausf.Ges. z. B.G.B. v. 9, Juni 1899
Art. 165 ist jetzt die Vorentscheidung beschränkt auf den Fall, wo der Beamte
gehandelt hat „in Ausübung der öffentlichen Gewalt“. Das ist zu verstehen
„im Gegensatz zur Besorgung rein wirtschaftlicher Angelegenheiten, sowie zu
sonstigen mit der Tätigkeit von Privaten auf einer Stufe stehenden Geschäften“:
Reger-Dyroff, Bayr. V.G. Ges. zu Art. 7 Abs. 2 Note 6. Vgl. oben Note 8.