220 Die Polizeigewalt.
Die Ausdrücke erlauben auch einen umfassenderen Sinn,
insofern die Polizei präventiv nicht bloß gegen schädigende Straf-
taten wirkt und repressiv nicht bloß mit den Mitteln der Straf-
prozeßordnung. Da wird es sich also lediglich nach dem Zeit-
verhältnisse ihres Vorgehens zu der zu bekämpfenden Schädlichkeit
richten, ob sie den einen Namen verdient oder den anderen !®.
Selbständig und ohne französisches Vorbild hat man neuer-
dings die Einteilung aufgebracht in Sicherheitspolizei und
Verwaltungspolizei. Die erstere bezeichnet dabei einen
engeren Kreis als ursprünglich: es handelt sich lediglich um Ab-
wehr von Störungen, welche der guten Ordnung bereitet werden
können durch übelgesinnte Menschen; Fremdenpolizei,
Vereins- und Versammlungspolizei, Preßpolizei liefern die Haupt-
heispiele.e Dabei zeigt sich das Besondere, daß die Polizeigewalt
für sich allein den ganzen Zweig amtlicher Tätigkeit ausfüllt, und
das weist eben auf den Gegensatz hin, den man hier meint.
Meistens nämlich werden ja mannigfaltigere Tätigkeitsarten zur
Besorgung der verschiedenen öffentlichen Geschäfte zusammengefaßt
als Straßenwesen, Forstwesen, landwirtschaftliche Verwaltung,
Wasserbauverwaltung usw.; jede dieser „Verwaltungen“ verwendet
auch ein Stück Polizeigewalt zur Abwehr von Störungen, die ihre
Arbeit und ihre Erfolge beeinträchtigen könnten, und diese will
man nun mit einer freilich recht verständnislosen Wortbildung als
Verwaltungspolizei bezeichnen”. Ich sehe auch hier keinen
Nutzen.
Die einst so wichtige Unterscheidung von Sicherheits-
und Wohlfahrtspolizei darf heute der amtlichen Sprache nur
noch ihre leeren Namen liefern, um willkürlich abgegrenzte Zu-
ständigkeitskomplexe danach zu benennen °®,
18 „Repressive Polizei findet statt, wenn die Verletzung oder Störung
bereits begonnen hat ... ‚präventive, wenn die Gefahr noch keine verletzende
Wirkung geäußert hat“: Pözl, Grundriß z. Vorl. über Pol. S. 14. Ähnlich
v. Roenne, St.R. IV S. 96. Eine schlechte Polizei wird da natürlich immer
repressiv sein und den Brunnen erst schließen, wenn das Kind hinein-
gefallen ist.
1% Hierüber Gerland, in Arch. f. öfl. R. VS. 9 fl., Loening, Verw.R.
S. 259; L. Stein, Handb. d. Verw.Lehre (3. Aufl.) S. 218; ders. in Wörterb.
d. V.R. 1I S. 247; v. Kirchenheim, Einf. S. 82; Seydel, Bayr. St.R.
1II S. 38.
“0 So gehört in den Sächsischen Großstädten die Wohlfahrtspolizei dem
Stadtrat, die Sicherheitspolizei einem besonderen Polizeiamt (Regulativ v.
31. Jan. 1853, bzw. 18. Dez. 1883 und v. 12. Juni 1885). Die Sicherheitspolizei