$ 20. Grenzen der Polizeigewalt. 223
liche, reale Güter, teils geistige, ideale. Für die rechtliche
Ordnung der Polizeigewalt ergibt sich daraus eine große Ver-
schiedenheit.
1. Unter den äußerlichen Polizeigütern steht voran,
als das wertvollste, der Staat selbst mit seinem Dasein, mit
seinen Einrichtungen und Veranstaltungen für das
öffentliche Wohl, d. h. sein eigenes Wohl, als Voraussetzung
alles übrigen, und das der ihm anvertrauten Gesellschaft®. Das
gleiche gilt für alles, was sonst noch Öffentliche Verwaltung
eigenen Namens zu führen berufen ist: Selbstverwaltungs-
körper, öffentliche Genossenschaften, Stiftungen.
Dazu kommt nun die Masse der Einzelmenschen, die
bloß Untertanen sind, jeder für sich oder gruppenweise geordnet
oder durch juristische Personen für bestimmte Interessen vertreten.
Gesellschaftlicher Wert, Polizeigut ist an diesen in erster Linie
ihr natürliches Dasein, in Bestand und Entwicklung und
freier Bewegung. Dann folgen in weiterem Kreise die Besitz-
tümer, die das Öffentliche und das Privatrecht ihnen zuspricht,
Hab und Gut, samt allen Einrichtungen und Unternehmungen,
in welchen es verwendet wird.
Überall handelt es sich hier um feste Werte, zweifellose
Gegenstände polizeilichen Schutzes, sofern nicht besondere Gründe
sie davon ausnehmen, wie noch zu zeigen sein wird. Hier kommen
denn auch unbedenklich jene umfassenden Ermächtigungen zur
Geltung, mit welchen die Polizeibehörden ausgestattet sind.
2. Nicht so steht es mit der zweiten Art von Polizeigütern,
mit den geistigen. Es kommen allerdings gerade hier Werte in
Betracht von der höchsten Bedeutung für die Gesellschaft, für
Staat und Volk: sittliche und religiöse Anschauungen, Vaterlands-
zunächst die Rechtsgüter, fügt aber hinzu, daß es noch andere gibt, denn cs
sei „die Gesellschaft auch durch Gebote der Religion, der Sitte und des Her-
kommens reguliert“. Fleiner, Inst. S. 369 ff., spricht schlechthin vom
„Rechtsgut“; dazu rechnet er allerdings (Note 29) auch den Genuß frischer
Luft. — Ein eigentümlicher Versuch zu systematischer Aufzählung der „von
der Polizei möglicherweise wahrzunehmenden Interessen“ bei W. Jellinek,
Gesetz, Gesetzesanwendung und Zweckmäßigkeitserwägung 8. 271 ff.
® Hier kommt vor allem die sogenannte Anstaltspolizei in Betracht:
Kormann in Annalen 1912 S. 198 fi.; Fleiner, Inst. S. 307 ff. Es handelt
sich dabei um den Selbstschutz des Staates in seiner öffentlichen Verwaltung,
während der Staat als Fiskus den polizeilichen Schutz nicht anders genießt
wie ein Einzelner für seinen Lebenskreis: W. Jellinck, Gesetz, Gesetzes-
anwendung S. 278. Vgl. oben $ 11, III.