Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

234 Die Polizeigewalt. 
3. Dadurch, daß die Abwehrmaßregeln der Polizeigewalt in 
der soeben geschilderten Weise sich anpassen an das Maß der 
Störung, gegen welche sie sich richten, erhalten sie eine gewisse 
Mannigfaltigkeit in der äußeren Erscheinung. Die einfache Ur- 
form: Verhinderung, wird nicht nur, nach der Weise des 
Rechtsstaates, in feineren Verzweigungen entfaltet, sondern es 
treten auch noch Anforderungen und Auflagen daneben, die 
Außerlich von ganz entgegengesetzter Gestalt sind: der Einzelne 
soll Leistungen machen, die Störung beseitigen, die er bereitet 
hat, Vorkehrungen treffen gegen künftige Störungen, Anzeigen, 
Meldungen erstatten. 
Demnach ist es eine unzureichende Ausdrucksweise, wenn 
man die Polizeigewalt lediglich als ein System von Verboten 
erklärt; Gebote kommen massenhaft darin zur Anwendung ®®°. 
Richtig ist, daß auch in diesen polizeilichen Geboten, gemäß der 
allgemeinen Grundidee der Polizei, immer etwas steckt, ein Ziel 
und Absehen enthalten ist, das sie dem wesentlich verneinenden 
Verbote nahe bringt. Denn was auch durch solche Gebote dem 
Pflichtigen auferlegt sein mag, darf immer nur dazu bestimmt 
sein, die Störung zu bekämpfen, die von ihm ausgeht oder aus- 
gehen könnte. Das Ergebnis aller Polizeigewaltübung ist im 
letzten Ende nie mehr als dies: daß der in Anspruch Ge- 
nommene nicht stört®!. 
unzulässig, denn auch hier ist „Maß einzuhalten und beurteilbare Grenze“. 
Sächs. 0.V.G. 14. Sept. 1904 (Jahrb. VI S. 240): Ein Gewerbebetrieb war unter- 
sagt worden; eine dazu dienende Maschine bleibt gleichwohl im Kellergeschoß 
aufgestellt; Verbot wegen der dadurch gegebenen „Möglichkeit“ heimlicher 
Benutzung; das wird für unzulässig erklärt. Ähnlich Sächs. 0.V.G. 24. Jan. 
1908 (Jahrb. IV S. 77); 17. März 1906 (Jahrb. VIII S. 326). 
9 Rosin, Pol. Verord.R. S. 152. 
91 Tatsächlich wird ja darüber hinaus auf den Namen Polizei mannigfach 
die Befugnis zu Befehl und Zwang gegründet, um allerlei nützliche 
Leistungen zu erlangen; denn der alte Polizeistaat mit seiner Denkweise 
und seinen Ausdrücken ist noch keineswegs tot. Es geschieht das vor allem 
in zweierlei Richtung. 
— Die Gemeinde, welche eignen Namens ein Stück öffentlicher Verwaltung 
zu führen hat, und was ihr gleichsteht, auch der „Fiskus“ in seinen besonderen 
Verwaltungen, Wegeverwaltung, Eisenbahnverwaltung, Strombauverwaltung, 
steht unter einer behördlichen Aufsicht, vermöge deren vorgeschrieben werden 
kann, was die öffentliche Sicherheit und Ordnung verlangt (vgl. oben S. 116); hier 
wird nicht die allgemeine Nichtstörungspflicht erzwungen, sondern die besondere 
Leistungspflicht für die anvertraute öffentliche Verwaltung. Gleichwohl nennt man 
das, wie von altersher, immer noch Polizei. So ist es eine „polizeiliche Verfügung“, 
wenn der Polizeipräsideut oder die Kommunalaufsichtsbehörde der Gemeinde
	        
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