$ 21. Der Polizeibefehl. 237
Der Befehl kommt im Verwaltungsrecht in verschiedener
Weise zur Anwendung; wir haben Polizeibefehle, Finanzbefehle,
Dienstbefehle.e Der Polizeibefehl unterscheidet sich von den
anderen obrigkeitlichen Befehlen dadurch, daß er seinen Inhalt
nimmt aus der vorausgesetzten allgemeinen Untertanenpflicht, die
gute Ordnung des Gemeinwesens nicht zu stören. Diese bringt er
zu rechtlicher Gestalt und Geltung.
Er tut das durch eine den Regeln des Rechtsstaates unter-
worfene obrigkeitliche Willenserklärung, in welcher jene natürliche
Polizeipflicht ausgesprochen wird, und zugleich so, daß er sie um-
prägt in die polizeiliche Gehorsamspflicht.
Diese rechtlich wirksame und erzwingbare Gehorsamspflicht
ist gegenüber jener aus dem gesellschaftlichen Zusammenleben ge-
folgerten natürlichen Pflicht ein Mehr und ein Neues. Ihre Er-
zeugung bedeutet einen Eingriff in Freiheit und Eigentum. Daher
dem bekannten Verfassungsgrundsatz gemäß kein Polizeibefehl
gültig erlassen wird ohne gesetzliche Grundlage, d. h. anders
als durch Gesetz oder mit gesetzlicher Ermächtigung ?.
I. Das Verwaltungsrecht hat zwei Formen, um rechtliche Ver-
pflichtungen erzeugen zu lassen: die Aufstellung eines Rechts-
satzes, der durch seine allgemeine Regel die Pflicht in allen
Fällen entstehen läßt, in welchen die Voraussetzungen erfüllt sind,
an die er sie hat knüpfen wollen, und den Verwaltungsakt,
der für den Einzelfall unmittelbar ausspricht und bestimmt, was
hier Rechtens sein soll.
Beides kann in der Form des verfassungsmäßigen Ge-
setzes zur Erscheinung kommen. Nur ist dieses seiner Natur
nach zur Ordnung des Einzelfalles weniger berufen und geeignet;
im gewöhnlichen Gang der Dinge gibt es sich nicht damit ab und
soll es auch nicht tun. Wie wir unter Verwaltungsgesetz ein
solches verstehen, das Rechtssätze für die Verwaltung enthält
(oben $ 8 n. 1 Note 1), so verstehen wir auch unter Polizei-
gesetz ein solches mit einem Rechtssatz polizeilicher Art, nicht
mit einer Bestimmung des Einzelfalls, und zwar vornehmlich —
obwohl der gesetzliche Rechtssatz allerlei polizeiliche Dinge sonst
setzesbefehl® finden (Laband, St.R. II S. 4). Der Fortschritt verlangt ge-
nauere Begrenzung.
® Der Befehl ist allerdings so sehr die natürliche Erscheinungsform der
Polizeigewalt, daß er in der gesetzlichen Ermächtigung, Polizei zu üben, überall
von selbst begriffen ist: Rosin, Pol.Verord. S.20; Thoma, Polizeibefehl S. 103;
Anschütz, in Pr. Verw.Bl. XXII S. 84 ff.; ders. in Verw.Arch. V S. 406.