Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

$ 21. Der Polizeibefehl. 243 
Eine Stelle, welcher das Gesetz eine solche Befehlsgewalt aus- 
drücklich zuweist, wird dadurch zur Behörde. Allgemeine Er- 
mächtigungen des Gesetzes zur Erlassung von Polizeibefehlen 
wirken nur zugunsten von Polizeibehörden. Vgl. oben $ 9, In.]l. 
Der von einer solchen Behörde erlassene Polizeibefehl enthält 
zugleich die obrigkeitliche Bezeugung seiner Gültigkeit. Vgl. oben 
89, In. 2 Der von einer Nichtbehörde ausgehende Polizei- 
befehl ist nur der Schein eines solchen und unwirksam zur Be- 
gründung einer Gehorsamspflicht. Damit ist nicht ausgeschlossen, 
daß die Äußerung in irgendeiner anderen Hinsicht von Be- 
deutung sei". 
11 Einladungen, Aufforderungen, Mahnungen, Warnungen, Drohungen der 
Schutzleute spielen auf dem Gebiete der Polizei eine große Rolle. Früher floß 
das alles zusammen in der dumpfen Masse obrigkeitlicher Macht, deren 
Wünsche dem Untertanen „Befehl sind“. Jetzt ist der Gehorsamspflicht er- 
zeugende Rechtsakt eine wichtige Sache geworden und streng zu unterscheiden. 
Man darf nur nicht zu viel Gewicht legen auf den Befehlston des ehe- 
maligen Unteroffiziers; sachlich ist das vielleicht doch nur eine Bitte Und 
umgekehrt: wenn die sächsische Amtshauptimannschaft als Flußpolizeibehörde 
den Mühlenbesitzer um etwas „ersucht“, so ist das „ein Verwaltungsakt, durch 
den für den Kläger eine bestimmt umgrenzte Gehorsamspflicht erzeugt werden 
sollte“. (Sächs. O.V.G. 9. Dez. 1908; Reger XXX S. 170) — also ein richtiger 
Polizeibefehl. 
Beispiele falscher Befehle unten $ 23 Note 8; C.C.H. 20. Febr. 1870 
(Pr. Min.Bl. S. 102); O.V.G. 9. März 1903 (Entsch. XLIII S. 209: Straßen- 
benutzung „durch Schutzleute verboten“, die ohnedies schon durch Polizei- 
verordnung verboten ist). Ebenso die drei „mündlichen Befehle“ der Polizei- 
beamten, an welchen Laband, St.R. II S. 196, noch festhält: Auflösung 
einer Versammlung — das ist Aufforderung, den Raum zu verlassen, weil 
die Versamınlung gesetzwidrig ist; Platzanweisung für einen Händler auf 
dem Markte — das ist eine Benutzungserlaubnis; Anhalten eines Haus- 
besitzers zur Straßenreinigung — das ist Mahnung an die bestehende Pflicht 
und Drohung mit Strafanzeige. Kormann, Rechtsgesch. Staatsakte S. 75, 
meint: „Wenn ein Schutzmann die Menge zum Auseinandergehen auffordert, 
so ist das sicher ein Befehl und die Aufforderung zum Ungehorsam dagegen 
nach Stf.G.B. $& 110 strafbar.“ Allein die „Obrigkeit, welche innerhalb ihrer 
Zuständigkeit eine Anordnung getroffen hat“, ist im Sinne des Stf.G.B. eine 
Stelle, welche „in gewissem Umfange die Staatsgewalt selbständig auszuüben 
hat“, in lautem Gegensatz zu den „exekutiven Organen“, wie die Schutz- 
leute sind: R.G. 9. Okt. 1884 (R.Spr. VI S. 605); 4. Dez. 1890 (Entsch. Stf.S. 
XXI S. 199); Oppenhoff, Stf.G.B. zu $ 131 Ziff. 17. Die Aufforderung des 
Schutzmanns ist hier nichts als eine Androhung von Gewalt. — Bornhak), 
in Verw.Arch. V S. 161 Note 20, hat auf meine Bedenken gegen den Schutz- 
mannsbefehl die glatte Widerlegung bereit: „Wenn nur der Schutzmann den, 
bei dem Ermahnungen (so setzt er mir für ‚Mahnungen‘) nicht fruchten, sofort 
beim Kragen nehmen und dadurch den Befehl verwirklichen würde.“ Daß er 
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