Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

& 21. Der Polizeibefehl. 245 
seiner Verbreitung und nach den Gewohnheiten des Volkes ge- 
eignet ist, den Befehl zur Gemeinbekanntschaft zu bringen; viel- 
mehr umgekehrt werden erst durch die Bestimmung, daß die Ver- 
öffentlichung auf diese Weise gültig erfolge, die Untertanen 
gezwungen, sich um das Blatt zu kümmern. " 
Diese Bestimmung einer formalen Veröffentlichungsart kann 
vom Gesetze selbst ausgehen; sie kann auch den Behörden über- 
tragen werden. Sie stellt selbst einen besonderen Rechtssatz vor 
von bindender Kraft. Die Ermächtigung dazu ist nicht von selbst 
enthalten in der Ermächtigung, Polizeiverordnungen zu erlassen. 
Denn es ist allerdings eine Gewalt, welche damit über die Unter- 
tanen geübt wird zur Vorbereitung künftiger Polizeigewaltübung; 
aber es ist nicht selbst schon Polizeigewalt. Sofern also das Gesetz 
nichts darüber bestimmt, müssen Polizeiverordnungen in den natür- 
lichen Veröffentlichungsarten, „in der üblichen Weise“, kundgegeben 
werden; die Presse spielt ja dabei eine immer größere Rolle, aber 
nicht so ohne weiteres von selbst die amtliche !®. 
— Der polizeiliche Einzelbefehl ist, wie jeder Verwaltungs- 
akt, dem bestimmten Untertanen kundzugeben, an den er gerichtet 
sein, bei dem er die Gehorsamspflicht erzeugen will. Das ge- 
schieht durch eine Erklärung, welche ihm gegenüber abgegeben 
wird, die Eröffnung des Befehls. 
Zum Besten des Betroffenen wäre schriftliche Mitteilung not- 
wendig, damit er den Inhalt des Aktes gegenwärtig habe und 
prüfen kann, was er soll, und ob er seine Rechte dagegen wahren 
muß. Das Anliegen der Behörde geht nur auf gehörigen Nach- 
weis der geschehenen Mitteilung. Im Sinne des Rechtsstaates 
würde hier wieder am besten das Vorbild der Ziviljustiz befolgt, 
die schriftlich mitteilt; nur für den Notfall, bei dringender 
Gefahr, sollte mündlicher Befehl offen bleiben. Das ist aber nicht 
von selbst Rechtens "8. 
18 Rosin, Pol.Verord. S. 254 ff.;, Lukas, Gesetzespublikation S. 7 fl.; 
Thoma, Polizeibefehl S. 428. 
18 0,V.G. 28. Mai 1909 (Entsch. IV S. 230) bekennt sich zu dem richtigen 
Grundsatz: „Polizeiliche Verfügungen sind in tatsächlicher und rechtlicher 
Hinsicht so zu begründen, daß dem Betroffenen die Möglichkeit gewährt ist, 
die Verfügung in ihren Grundlagen durch das ihm zustehende Rechtsmittel 
anzugreifen.“ In diese Möglichkeit versetzt ihn aber die Verfügung, mag sie 
noch so schön begründet sein, erst, wenn sie ihm zu ruhiger Prüfung in die 
Hand gegeben wird. — Wo das Gesetz schriftliche Verfügung verlangt, ist dem 
durch die so beliebte „Eröffnung zu Protokoll“, wo die Behörde alles schön 
bei den Akten hat, die Hauptperson aber nach dem Verlassen des Amts-
	        
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