$ 22. Die Polizeierlaubnis. 251
gewalt innewohnende Bedingung der Verhältnismäßigkeit
wirksam werden. Ein gewisser Grad der Gefährlichkeit, entsprechend
der Schwere der Maßregel, ist von dem ermächtigenden Gesetze
stillschweigend vorausgesetzt. Die Abwägung ist der verordnenden
Behörde überlassen; aber eine offenbare Überschreitung dieses
Maßes überschreitet auch das Maß der Ermächtigung, und eine
derartige Verordnung müßte als rechtsungültig angesehen werden,
2. Die Wirkung des Verbotes mit Erlaubnisvorbehalt ist
eine mehrfache, entsprechend seinen zwei Stücken.
Das Verbot, allgemein gehalten wie es ist, schafft zunächst
ein gleichmäßiges Hindernis für das darin bezeichnete Unter-
nehmen, die Pflicht für jedermann, den es betrifft, ein derartiges
Unternehmen nicht ohne weiteres ins Werk zu setzen. Die
Möglichkeit und selbst die rechtliche Notwendigkeit der daneben
in Aussicht gestellten Erlaubnis vermindert die Kraft des Ver-
botes in keiner Weise, solange die Erlaubnis nicht wirklich erteilt
ist. Das Verbot ist insofern formell. An seine Übertretung
knüpfen sich unbedingt die Folgen des Ungehorsams: Polizei-
strafe und Zwangsmaßregeln zur Verhinderung der strafbaren
Handlung. Gegenüber dem tatsächlichen Zustande aber, der auf
solche Weise geschaffen worden ist, spaltet sich das Verbot mit
Rücksicht auf den verbundenen Erlaubnisvorbehalt: für das danach
zu Erlaubende bewendet es bei seiner Wirkung als Überwachungs-
maßregel; für das Nichtzuerlaubende wirkt es fort zur Abwehr der
darin liegenden Störung der guten Ordnung des Gemeinwesens.
Insofern ist es also nun kein formelles Verbot mehr, sondern ein
sachliches, kein vorläufiges, sondern ein endgültiges. Weg-
räumung, Schließung, Beseitigung der bestehenden Polizeiwidrigkeit
mit allen Mitteln des Polizeizwangs kommen zur Anwendung und
bei Neubeginn neue Polizeistrafe.
Zur Ausscheidung dieser zweiten Art von Verbotsinhalt wird
jedesmal eine Prüfung vorzunehmen sein wie bei der Erteilung der
Erlaubnis, nur daß sie jetzt hinauslaufen kann auf einen reinen
Befehl, aufzuhören, zu unterlassen, zu beseitigen oder zu ändern‘.
2. 0,V.G. 14. Juni 1882 (Entsch. IX S. 370): Eine Baupolizeiverordnung
behielt der Behörde vor, den zu erlaubenden Bau nach Höhe und sonstigen
Einzelheiten jedesmal frei zu bestimmen; das Gericht hat Bedenken, „ob nicht
schon das schrankenlose Ermessen, welches die Behörde für die in jedem
einzelnen Falle zu erteilende Bauvorschrift sich selbst beilegt, der Rechts-
gültigkeit der Verordnung grundsätzlich entgegensteht“.
* So wird namentlich bei der Baupolizei ein „formelles Baurecht“ und
ein „iaterielles Baurecht“ unterschieden; nur das letztere führt zur Zwangs-