Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

8 22. Die Polizeierlaubnis. 253 
Soweit diese dem freien Ermessen der Behörde überlassen ist, 
bedeutet der Vorbehalt für ihn immer nur eine Möglichkeit, eine 
Aussicht, welche je nach der Umgrenzung der zu erwägenden Rück- 
sichten und der äußerlichen Sachlage eine größere oder geringere 
Wahrscheinlichkeit der Erfüllung haben mag. Von einem Recht 
ist keine Rede. Es kann aber auch der Fall, in welchem die Er- 
laubnis zu gewähren ist, von dem Rechtssatze so genau bestimmt 
sein, daß die Behörde, welche sich darüber auszusprechen hat, nur 
ausspricht, was der Rechtssatz schon will; ihr Akt hat die Natur 
einer Entscheidung. Die Form, in welcher der Ausspruch so ge- 
bunden wird, kann die sein, daß der Rechtssatz sagt: die Er- 
laubnis muß in den und den Fällen erteilt werden; oder die, daß 
es heißt: die Erlaubnis darf nur in den und den Fällen verweigert 
werden. Die Gebundenheit wirkt dann wie alle rechtssatzmäßige 
Gebundenheit zugunsten des Beteiligten. Sie besteht ihm gegen- 
über. Er kann sich darauf berufen und sie für sich geltend 
machen, um die Erlaubnis zu erwirken. Dieser Anspruch auf 
die obrigkeitliche Handlung hat die Natur eines subjektiven 
öffentlichen Rechtes in dem oben ($ 10, III n. 2) fest- 
gestellten Begriffe. 
II. Ein Ausspruch über die Erlaubnis wird von der Behörde 
tatsächlich nur gegeben werden auf Gesuch desjenigen, für 
welchen die Erlaubnis wirken soll. Es wird aber auch angenommen 
werden müssen, daß dieses Gesuch die rechtliche Bedingung des 
Aktes ist; sie ist stillschweigend in den gebrauchten Worten Er- 
laubnis, Genehmigung, Zustimmung, Bewilligung und ebenso in 
dem Wort Versagung enthalten. Ohne das Gesuch wäre der Akt 
ungültig®. 
Der Ausspruch kann auf Versagung oder Erteilung der Er- 
laubnis lauten oder auf Erteilung mit Bedingungen. 
1. Die Versagung der Erlaubnis bedeutet die Aufrecht- 
erhaltung des Verbotes für den Einzelfall. Dieses Verbot will den 
Einzelfall nicht gleich unbedingt und endgültig treffen; durch den 
versagenden Verwaltungsakt wird es erst dahin bestimmt. Daher 
ist dieser als ein Eingriff in die Freiheit des Untertanen an- 
6 Andererseits können die Behörden auch nicht, wo sie eine Genehmigung 
für erforderlich halten, die Einreichung eines Gesuches erzwingen, wie sie das 
wohl in bureaukratischem Schönheitssinne versuchen möchten: O0.V.G. 24. Okt. 
1905 (Entsch. XLVIII S. 361); 25. Okt. 1905 (Entsch. XLVIII S. 360); 8. Febr. 
1909 (Reger XXIX S. 495).
	        
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