Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

$ 23. Die Polizeistrafe. 971 
Polizeibefehl, der in allen Einzelheiten den in $ 21 entwickelten 
Regeln unterliegt. Die Strafbarkeit ist eine Folge des Un- 
gehorsams dagegen. 
Auch die einfachere, dem gemeinen Strafrecht gewöhnlichere 
Formel: wer dies und jenes tut, soll so und so bestraft werden, 
enthält dem Untertanen gegenüber nicht lediglich den Ausspruch, 
daß er unter dieser Bedingung bestraft werden soll. Die Ver- 
pönung des bezeichneten Tatbestandes bedeutet zugleich die An- 
erkennung seiner Polizeiwidrigkeit und die gesetzgeberische Willens- 
erklärung, daß er nicht sein soll. 
Man mag also immerhin sagen, daß die Polizeistrafe auch in 
diesem Falle, wie jede gemeine Strafe überhaupt, eine Folge 
der „Unbotmäßigkeit“ gegenüber dem Gesetze sei; ein Zuwider- 
handeln gegen das, was das Gesetz als seinen Willen ausgesprochen 
hat, liegt ja vor. Man mag auch sagen: auch diese unmittelbare 
Verpönung „enthält“ einen Befehl, indem man eben das Wort in 
einem allgemeineren, ungenaueren Sinne meint. Ein richtiger 
Polizeibefehl liegt hier nicht vor. Die ihm eigentümliche Ge- 
horsamspflicht ist nicht begründet. Nicht der Ungehorsam gegen 
einen Befehl, sondern das mißbilligte Verhalten ist die 
Voraussetzung der Strafe überhaupt und ebenso der Polizeistrafe 
insbesondere. Der Ungehorsam ist nur eine besondere Art des 
mißbilligten Verhaltens, die allerdings gerade bei der Polizei- 
strafe häufig vorkommen wird®. 
3. Die Bedeutung jedes Strafrechtssatzes liegt darin, 
daß er durch die angedrohte und zur Verwirklichung bestimmte 
Strafe den Untertanen ein dem Öffentlichen Interesse entsprechendes 
Verhalten einschärft: die Drohung selbst und ihre regelmäßige 
Verwirklichung, beides in der Öffentlichkeit vor sich gehend, üben 
zusammen den erforderlichen Druck auf die Gemüter aller. Der 
Polizeistrafrechtssatz ist dazu gegeben, ein polizeimäßiges 
Verhalten einzuschärfen, ein Verhalten gemäß der Untertanen- 
pflicht, die gute Ordnung des Gemeinwesens nicht zu stören. Das 
5 Wer die Polizeistrafe als Ungehorsamsstrafe kennzeichnet (Merkel, 
St£.R. S. 46, Rotering, Pol. Übertretungen 8. 18), versteht unter dem Un- 
gehorsam ganz allgemein ein Handeln gegen den Willen des Gesetzes; in 
diesem Sinne ist auch ungehorsam, wer nicht so tut, wie das Zivilgesetz es 
will, und steckt Ungehorsam in jeder Art von Delikt. Dementsprechend kann 
man auch bei jeder Strafbestimmung einen Befehl finden, gegen den der Un- 
gehorsam sich richtet; Bindings Normen sind solche Befehle (Stf.R. I 
S. 156 ff.; Normen I, 1ff.. Befehle im Begriffe unserer Verwaltungsrechts- 
institute sind sie nicht.
	        
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