Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

$ 23. Die Polizeistrafe. 275 
ad 
3. Wenn das Strafgesetz seine Wirkung knüpft an den Un- 
gehorsam gegen ein rechtssatzmäßiges Verbot in Gesetz 
oder Verordnung, so kann gegenüber diesem Verbot eine Er- 
laubnis vorbehalten sein; die erteilte Erlaubnis verhütet dann 
die Strafbarkeit, weil die Voraussetzung des Strafrechtssatzes 
selbst, der Ungehorsam, nicht vorliegt. Das hat gar nichts be- 
sonderes; die Erlaubnis ist nach der in $ 22 vorgetragenen Lehre 
zu beurteilen. 
Wiederum kann aber etwas wie eine obrigkeitliche Erlaubnis 
auch vorkommen im Zusammenhang mit einem Strafrechtssatz, der 
eine unmittelbare Verpönung vorstellt; und zwar gleich- 
falls mit der Wirkung, die Strafbarkeit zu verhüten. Ihrer recht- 
lichen Natur nach bedeuten aber solche Erlaubnisse sehr Ver- 
schiedenes. 
Es kann sich auch hier um eine gewöhnliche Polizei- 
erlaubnis handeln von der in $ 22 behandelten Art. Die unmittel- 
bare Verpönung mit einem solchen Zusatz kann nämlich ein Verbot 
mit Erlaubnisvorbehalt bedeuten. Wenn anerkanntermaßen ein 
solches auch zu finden ist in Formeln, wie die von der Gewerbe- 
ordnung gern gebrauchte: für die und die Tätigkeit „ist eine Ge- 
nehmigung erforderlich“, oder: dazu „bedarf man einer Erlaubnis“, 
so wird die gleiche Auslegung Platz greifen können, wenn das 
Gesetz einfach sagt: wer die und die Tätigkeit vornimmt „ohne 
prüfungsrechtes ist vor allem zur Erörterung gekommen im Anschluß an 
Stf.G.B. $ 367 Ziff. 13: „wer trotz der polizeilichen Aufforderung es unterläßt, 
Gebäude, welche den Einsturz drohen, auszubessern oder niederzureißen“. Es 
wird vom Landesrecht abhängen, ob diese Aufforderung sich als Befehl ge- 
staltet. A.L.R. II, 17 $ 10 gibt der Behörde die breite Grundlage dafür; ihre 
Verfügung unterliegt vor Gericht nur jener beschränkten Nachprüfung 
(Rotering, Polizeiübertret. S. 90). In Bayern wurde für die Anwendung der 
gleichlautenden Bestimmung des Pol.Stf.G. v. 1861 Art. 185 gemäß der Ab- 
neigung des Bayrischen Rechts gegen polizeiliche Einzelbefehle (vgl. oben 
$ 21 Note 6), eine bloße Mahnung vorausgesetzt. Das hatte dann zur 
Folge, daß das Gericht nachprüfte, ob das Gebäude wirklich den Einsturz 
drohte, ob der Angeklagte seiner polizeilichen Pflicht durch Ausbessern oder 
durch Niederreißen nachzukommen hatte, gerade wie es jetzt bei Polizei- 
stundeübertretung, trotz der Aufforderung, die Wirtschaft zu verlassen, nach- 
prüft, ob die Stunde auch wirklich geschlagen hatte und ob das Verweilen in 
der Wirtschaft unbefugt war, die Aufforderuug gab dieser Pflicht keine selb- 
ständige Bestimmtheit: Edel, Pol. Stf.G.B. S. 426, 427; Nar, Handb. d. 
Distr.Verw. Behörden S. 735. Zurzeit stimmt die Bayrische Auffassung mit 
der Preußischen überein; eine rechtliche Notwendigkeit dafür dürfte von 
Reichswegen nicht bestehen; anders Binding, Lehrb. d. Stf.R. II S. 106 
Note 6. 
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