Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

282 Die Polizeigewalt. 
erlaubnisse erteilt werden. Sowie aber nun wegen Nichtbeachtung 
der so bestimmten Verpflichtungen eine Bestrafung Platz greifen 
müßte, hört die Gleichstellung auf. Das wichtige polizeiliche 
Machtmittel müßte also hier unter Umständen ganz entfallen, 
wenn nicht immer Menschen gegeben sind, die für die Erfüllung 
der der juristischen Person obliegenden polizeilichen Pflichten die 
strafrechtliche Verantwortlichkeit zu tragen haben. Das Gesetz 
kann solche ausdrücklich bestimmen. Auch ohne das hilft sich 
die Rechtsübung, indem sie sich an den verfassungsmäßigen 
Vertreter hält. Die Grundlage dafür gibt die polizeiliche Ver- 
antwortlichkeit. die jeden trifitt, der an der Hervorbringung der 
Polizeiwidrigkeit selbständig beteiligt ist (vgl. oben S. 227). Das 
ist der verfassungsmäßige Vertreter neben der juristischen Person; 
da aber diese strafrechtlich nicht verantwortlich ist, so bleibt er 
in dieser Beziehung allein: wie die juristische Person zivilrechtlich 
für ihn haftet, so haftet wieder er polizeistrafrechtlich für sie. 
Natürlich nur, wenn ein Verschulden auf seiner Seite vorliegt. Das 
Verschulden wird aber wieder darin gefunden, daß er nicht das 
Menschenmögliche getan hat, um die seiner juristischen Person ob- 
liegende polizeiliche Verpflichtung zur Erfüllung zu bringen, als 
wäre es seine eigene ?®. 
3 Fleiner, Inst. S. 152. — Landmann, Gew.O. zu $ 151 Note 2a 
möchte die Bestimmung des $ 151 Satz 1 auch auf die gesetzlichen Ver- 
treter der Aktiengesellschaft anwenden und dadurch unsere obige Regel er- 
klären; allein das sind keine „Angestellten zur Betriebsleitung und Beauf- 
sichtigung* im Sinne dieser Bestimmung, auch darf man doch die Anwend- 
barkeit des Satz 2 nicht so einfach wegfallen machen. Richtig R.G. 3. Mai 
190 (Reger XX S. 423): „Wird ein Gewerbe von einer juristischen Person 
betrieben, so gehen die durch $ 151 Abs. 1 Gew.O. mit dem Gewerbebetrieb 
und seiner Ausübung verknüpften, dem Gewerbetreibenden auferlegten gewerb- 
lichen Verpflichtungen von selbst auf den Vertreter der juristischen Person 
über.“ „Von selbst“ will sagen „schon nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen“ 
und gemäß der im B.G.B. $ 26 anerkannten „unbedingten Notwendigkeit eines 
gesetzlichen Vertreters“. Ähnlich für die Baupolizeistrafe O.V.G. 11. Mai 1909 
(Entsch. LIV S. 454): Der Eisenbahnfiskus als Bauherr des Eisenbahndienst- 
gebäudes unterliegt den Vorschriften der örtlichen Baupolizeiverordnung, wo- 
nach Anzeige zu erstatten ist vor der Vollendung des Rohbaues; diese ist ver- 
säumt worden, der Vorstand der Eisenbahnbetriebsinspektion als Vertreter 
des Eisenbahnfiskus ist strafbar. — In dem Falle Bayr. Obst. L.G. 25. Juni 
1903 (Reger XXIV S. 436) würde der Bürgermeister, wenn es sich wirklich 
um eine polizeiliche Pflicht der Gemeinde handelte, durch den Beschluß des 
Gemeinderates, diese nicht zu erfüllen, wohl nicht gedeckt gewesen sein.
	        
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