16 Einleitung.
Das öffentliche Recht ist aber nichts anderes als die Ordnung
von Verhältnissen, an welchen ein Träger Öffent-
licher Gewalt als solcher und damit die Öffentliche
Gewalt selbst beteiligt ist®.
Die öffentliche Gewalt steht auch hinter dem bürgerlichen
Recht, um es zu schützen und wahrzunehmen. Aber dadurch
wird sie nicht selbst an den von diesem geordneten Verhältnissen
beteiligt, und wenn ausnahmsweise das Gemeinwesen als beteiligt
angesehen wird, so bedeutet das gerade, daß abgesehen wird von
seiner eigentlichen Natur und von der daran hängenden öffent-
lichen Gewalt. Überall, wo diese Ausnahme und folglich das
bürgerliche Recht nicht Platz greift, sind die Verhältnisse des
Staates Verhältnisse der öffentlichen Gewalt, und das dafür geltende
Recht hat die Natur des Öffentlichen Rechtes.
Das öffentliche Recht in seiner Gesamtheit spaltet sich wieder
in zwei Gruppen, wesentlich nach Gesichtspunkten wissenschaft-
licher Behandlung geschieden.
Verhältnisse der öffentlichen Gewalt bilden in ausgesprochener
Weise auch den Inhalt des Strafrechts, Zivil- und Straf-
prozeß- und Konkursrechtes. Aber gemeinsam ist ihnen,
daß hier überall das Leben der Einzelnen im Mittelpunkte steht,
dem die Tätigkeit der öffentlichen Gewalt sich anpaßt und .die
wissenschaftliche Beobachtung entsprechend sich zuwendet.
Dagegen entfaltet sich in den Formen von Verfassungs-
recht, Völkerrecht, Kirchenrecht und vor allem auch des
Verwaltungsrechtes im ersten Plane das eigene Leben des
Gemeinwesens. Daher diese Gruppe im akademischen Gebrauch als
das öffentliche Recht im eugeren Sinne verstanden wird, im
„wesentlichen Eigenschaft“ des Staatswillens „eine höhere über dem Willen
der anderen stehende Geltung“ zu haben.
Über den Begriff „Gemeinwesen“ vgl. Hölder, Nat. u. jurist. Pers.
S. 156 ff. Mit Recht wird hier auf die „res publica* verwiesen, welche dem Be-
griff sein Gepräge gegeben hat. Dementsprechend ist auch unsere „öffentliche
Gewalt“ der Hauptsache nach nichts anderes als die alte „majestas populi
Romani“. Ihr Wesen im einzelnen zu entwickeln, wird unsre Hauptaufgabe
sein: gerade darin erweist sich die Zugehörigkeit des Verwaltungsrechts zum
öffentlichen Recht.
6 Das „öftentliche Interesse“, welches Jhering (Geist d. röm. R. III $ 61)
und nach ihm Merkel (Enzykl. $ 84 u. $ 85) so stark betonen, hat
gewiß seine Wichtigkeit für die Abgrenzung des öffentlichen Rechts; aber
blos mittelbar, sofern es eben die juristisch allein bedeutsame öffentliche
Gewalt erscheinen läßt (vgl. unten $ 11 Note 5).