Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

986 Die Polizeigewalt. 
und Eigentum, der nach den Grundsätzen des Verfassungsstaates 
nur vermöge einer gesetzlichen Ermächtigung geschehen darf. 
Unter dem Einfluß des Althergebrachten hat die Gesetzgebung 
des Verfassungsstaates die behördliche Amtsgewalt in sehr um- 
fassender Weise mit diesem Machtmittel, das zugleich eine Art 
'Ehrensache zu sein schien, ausgestattet. Wo ausnahmsweise ein 
solcher gesetzlicher Titel fehlt, muß die Zwangsstrafe unterbleiben, 
und wo das Gesetz sie nur in beschränkter Weise zuläßt, hat es 
auch dabei sein Bewenden’”. 
Das Gesetz bestimmt die Strafen der Art nach, meist als 
Geldstrafen, unter Festsetzung eines Höchstbetrages. Der 
Zusammenhang mit dem zu schützenden Ansehen der Amtsgewalt 
erweist sich auch hier, insofern als die Höhe der zulässigen 
Strafen verschieden bemessen wird, je nach dem Range, welchen 
die befehlende und strafdrohende Behörde in der Stufenfolge der 
Behördenordnung einnimmt: die untere Behörde verfügt über ein 
geringeres Strafmaß zur Stütze ihrer Amtsgewalt als die obere®. 
2. Da die Zwangsstrafsache bestimmt ist, als Mittel zu dienen 
zur Brechung des Ungehorsams gegen den obrigkeitlichen Befehl, 
so ist sie zu diesem Zwecke der Behörde zur Verfügung 
gestellt. Damit tritt sie in scharfen Gegensatz zur Polizeistrafe. 
Sie ist nicht rechtssatzmäßig ein für allemal angedroht auf 
den Ungehorsam gegen obrigkeitliche Befehle. Die Behörde hat 
selbst zu ermessen, ob sie im Einzelfalle ihren Befehl ausrüsten 
will mit diesem Zwangsmittel. Dann droht sie durch Verwaltungs- 
akt die Strafe an für den Fall des Ungehorsams?. Sie kann 
? Bayr. Pol. Stf.G.B. Art. 21 läßt die Ungehorsamsstrafe nur zu für Be- 
fehle zum Vollzug von Gesetzen, deren Übertretung nicht schon mit rechtssatz- 
mäßiger Strafe bedroht ist. Die pfälzischen Abgeordneten hatten sie auch in 
diesem beschränkten Umfange bekämpft (Risch bei Dolmann, Gesetzgebung 
Ill, III S. 146); ähnlich der rheinländische Abgeordnete Reichenspercher 
in der Reichstagskommission gegen Z.Pr.O. $ 888 (Hahn, Mat. II S. 860). 
Aus dem französischen Rechte ist nämlich seit der Revolution die Ungehorsams- 
strafe verschwunden; c. pen. Art. 471 $ 15, den Loening, Verw.R. S. 252, 
unter den Gesetzen über Exekutivstrafe aufführt, enthält eine unzweifelhafte 
Polizeistrafe. In Elsaß-Lothringen ist es im wesentlichen dabei verblieben. Man 
kann auch ohne diese Verherrlichung der Amtsgewalt ganz kräftig verwalten. 
8 Vgl. die Rangskala in L.V.G. $ 132 Ziff. 2:5 M., 60 M., 150 M., 300 M. 
Grafenbann und Königsbann! — Ohne Abstufung und Grenze Sächs. A.-Ges. 
v. 28. Jan. 1835 8 2: „Den Verwaltungsbehörden bleibt das Recht, in einzelnen 
Fällen sachgemäße Strafen anzudrohen und zu vollstrecken.“ 
® Abweichend Württ. Ges. vom 12. Aug. 1879 Art. 2, wo rechtssatzmäßig 
Strafe gesetzt wird auf Ungehorsam gegen behördliche Einzelbefehle Auch
	        
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