$ 25. Unmittelbarer Zwang. 301
Das Machtmittel ist hier einzig die Gewaltanwendung,
welche vorgenommen wird durch polizeiliche Vollstreckungsbeamte
und sonstige Gehilfen. Als unmittelbarer Zwang wird es sich am
einleuchtendsten darstellen, wo diese Mannschaften mit einer ge-
wissen Selbständigkeit vorgehen, wie das z. B. bei .der Ver-
hinderung von Verbrechen häufig der Fall sein wird. Die Zu-
gehörigkeit der Gewaltanwendung zu dieser Art von Zwang wird
aber dadurch nicht aufgehoben, daß das Vorgehen durch allgemeine
D ienstvorschrift oder geradezu einen Dienstbefehl im
Einzelfall in Bewegung gesetzt und genauer bestimmt ist:
was dem Betroffenen gegenüber wirkt, ist ja auch hier immer erst
die äußere Gewalt?. Es kann aber auch sein, daß die Gewalt-
maßregel durch eine obrigkeitliche Anordnung, eine pgalizeiliche
Verfügung, einen Verwaltungsakt über den Einzelnen erst ver-
hängt und danach vollzogen wird. Dann hat schon dieser Akt
auf ihn gewirkt, ihn rechtlich bestimmt als einen, dem das wider-
fahren soll, und dennoch bleibt es unmittelbarer Zwang. Denn
der Gegensatz zur polizeilichen Zwangsvollstreckung, die gleich-
falls von einem Verwaltungsakt ausgeht, bleibt gewahrt, indem
der unsrige sich nicht zunächst an den Willen des Betroffenen
wendet und erst von dort zurückprallend an eigenes Vorgehen der
Behörde, sondern von vornherein unmittelbar und unentrinnbar
auf solches eigene Vorgehen, auf den Zwang gerichtet ist®.
Handlung durch vorgängige Anordnung aufzuerlegen, so enthält
die tatsächliche Herstellung des verlangten Zustandes nicht lediglich die An-
wendung eines Zwangsmittels, sondern zugleich das — durch die Tat aus-
gedrückte — Verlangen (die Anordnung), daß dieser Zustand hergestellt werden
muß.“ Es kommt dem Gericht darauf an, die „polizeiliche Verfügung“ auf-
zuweisen, gegen die nach L.V.G. 88 127, 128 geklagt werden kann. Irrtümlich
ist hier nur. die Annahme, daß das Zwangsmittel der n. 3 nicht doch auch
zur Erzwingung einer „durch vorgängige Anordnung auferlegten Handlung“
(Befehl) verwendet werden könnte, wo es dann kein unmittelbarer Zwang im
festgestellten Begriffe wäre. Das Gesetz hat eben die Gewaltanwendung in
beiden Verwertungsformen zusammengeworfen.
2 So lange man noch nicht recht wußte, was ein richtiger Verwaltungsakt
bedeutet, machte man aus der Gewaltanwendung selbst etwas ganz anderes,
je nachdem sie auf Dienstbefehl geschah oder nicht: O.Tr. 4. Juni 1892
(J.M.B. S. 89).
® Die Reichsgesetze zur Bekämpfung von allerhand Seuchen, Menschen-,
Tier- und Pflanzenseuchen, gestatten den Behörden, die nötigen Anordnungen
zu treffen zur Absonderung von Personen, Vernichtung von Sachen und
sonstiger Unschädlichmachung (Seuchenges. v. 30. Juni 1900 $ 11 fi.; Vieh-
Seuchen-Ges. v. 26. Juni 1909 8 19 fi.; Rinderpest-Ges. v. 7. April 1869 $ 2;
Reblaus-Ges. v. 6. Juli 1904 $2). Was geschehen soll, wird nie zunächst dem