S 25. Unmittelbarer Zwang. 303
Diese Gründe finden sich, wie das bei den genaueren Ab-
grenzungen der Polizeigewalt des öfteren zutrifft, nicht aufgezählt
in ausdrücklichen Gesetzesbestimmungen, sondern müssen ent-
nommen werden aus der allgemeinen Anschauung und der daraus
hervorgehenden Rechtsübung.
Wenn man die einzelnen Fälle überblickt, so ergibt sich eine
gewisse Übereinstimmung in der Grundidee mit den Fällen, für
welche auch das Bürgerliche Recht von jeher, ausdrücklich
oder gemäß allgemein angenommener Selbstverständlichkeit, eine
gewisse Gewaltanwendung des Einzelnen gegen seinen Nächsten
oder dessen Habe zuläßt. Sie gilt da als natürlichen Rechts.
Vernünftige Rücksichten der Selbstverteidigung vor allem
und des Übermaßes einer dadurch abzuwendenden Not nehmen
dort der Gewalthandlung die Rechtswidrigkeit”.
So ganz einfach läßt sich das nicht hierher übernehmen; dazu
sind die allgemeinen Voraussetzungen zu verschieden, auf denen
wir hier stehen. Aber es sind doch ähnliche Lagen, in welche
auch die Polizeigewalt geraten kann und in denen sie entsprechend
entbunden sein soll von dem ordnungsmäßig einzuhaltenden Umweg
über das Rechtsstaatsschema von Befehl und Zwangsvollstreckung;
ihr unmittelbarer Zwang wird dann frei.
I. Die öffentliche Verwaltung verfolgt ihre Zwecke
durch sächliche und persönliche Mittel in mancherlei Unter-
nehmungen, Anstalten und Einrichtungen. Die Abwehr von
Störungen, welche ihr dabei von dem Einzelnen bereitet werden,
hat die Natur der Polizei®. Besteht die Störung in einem rechts-
widrigen Angriff, so erfolgt die Abwehr mit unmittelbarem polizei-
auch wieder unser unmittelbarer Zwang vor, bei dem in der Tat die Gewalt-
anwendung vornehmlich erscheint. Die Beispiele, welche bei der ersten For-
mulierung des Textes angeführt wurden (v. Brauchitsch, Mat. z. Kr.Ord. III,
S. 1622), zeigen, wie das zusammenfloß. Beides, Zwangsvollstreckung durch
Gewaltanwendung und unmittelbarer Zwang, ist gemeint, wenn das Gesetz von
dem in Ziff. 3 aufgeführten Zwange sagt, daß er nur zur Anwendung kommen
soll, „wenn die Anordnung (d. h. was die Behörde will) ohne einen solchen
unausführbar ist“. Man nennt das, ziemlich verschroben, aber doch nicht
ganz unrichtig, die „Subsidiarität“ des unmittelbaren Zwangs gegenüber den
nur auf „Androhung“ zu verwendenden Zwangsmitteln.
” B.G.B. 8$ 227, 228, 904. An die Selbsthilfe nach $ 229 und $ 230 fehlt
hier jede Anknüpfungsmöglichkeit; sie bedeutet ein Vorgehen des Beteiligten
an Stelle der nicht rechtzeitig herbeizurufenden Obrigkeit; die ist aber hier
von vorneherein selbst die Beteiligte.
8 Vgl. oben $ 20 Note 3.