Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

$ 25. Unmittelbarer Zwang. 305 
Es stört z. B. jemand durch lautes Sprechen die im Freien statt- 
findende Verhandlung oder beeinträchtigt durch sein Benehmen 
die Würde und Feierlichkeit des Aktes. Aus dem Gesichtspunkte 
der Verteidigung des Beamten oder des staatlichen Besitzes würde 
sich keine Gewaltanwendung zur Entfernung jenes Mannes recht- 
fertigen; aber die Verwaltung selbst in ihrem Außerlichen Gang 
und Erscheinen ist eben das Geschützte®. 
2. Damit zivilrechtlich die Notwehr Platz greife, ist weiter 
vorausgesetzt ein rechtswidriger Angriff auf das wehrhafte 
Gut. Als Angriff, der die polizeiliche Selbstverteidigung hervor- 
ruft, ist anzusehen jede unberechtigte Außerliche Ein- 
wirkung auf das Erscheinen der soeben gekennzeichneten Ver- 
waltungstätigkeit, die zu stören geeignet ist. 
Diese Einwirkung muß vom Einzeldasein ausgehen. Es ist 
nicht nötig, daß sie eine schuldhafte, eine deliktische sei. 
Auch von Rechtswidrigkeit kann man nur in einem ab- 
geleiteten Sinne sprechen. Denn die Sache steht so, daß jede 
Störung, woher sie auch komme, welche in die Verwaltungs- 
tätigkeit hineingreift, nicht sein und mit Anwendung der dem 
Staate zur Verfügung stehenden Kräfte beseitigt werden soll. 
Kommt die Störung aus Naturgewalten oder herrenlosen Dingen, 
so ist die Beseitigung einfach Arbeit und weiter nichts. Ist 
aber ein Mensch. dabei beteiligt mit seiner Person, seinen Sachen, 
seiner Tätigkeit, so richtet sich die Arbeit gegen ihn und seinen 
Rechtskreis und wird zur Gewaltanwendung, und um ihres 
bewußten Zieles willen Zwang. In diesem Falle allein ist auch 
denkbar, daß die störende Einwirkung eine Rechtfertigung erhalte 
und gedeckt sei durch ein mehr oder minder ausgeprägtes Recht, 
welches dem Störenden zusteht. Hinter Naturgewalten und herren- 
losen Dingen steht diese Möglichkeit nicht. Wenn wir also sagen: 
Voraussetzung der Gewaltanwendung ist ein rechtswidriger An- 
griff, so heißt das nur: eine störende Einwirkung von einer Seite 
aus, welche ein Recht zu Einwirkungen haben könnte, es aber in 
dieser Art oder für diesen Fall nicht hat. 
Daraus folgt, daß auch ein Angriffswille nicht voraus- 
gesetzt ist; das Hindernis, die Störung kann durch Sachen be- 
reitet sein, welche durch Zufall ohne Wissen des Eigentümers in 
®° Die Empfindlichkeit für Störung durch unangemessenes Benehmen ist 
nicht bei allen Amtshandlungen gleich. Gerichtliche Akte, kirchliche Feier- 
lichkeiten sind am empfindlichsten für ihre Würde. Dann kommen gleich die 
militärischen Schaustellungen und Aufzüge; vgl. unten 3 26, III n. 1. 
Binding, Handbuch. VI. 1: Otto Mayer, Verwaltungsr. F. 2. Aufl. 20
	        
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