18 Einleitung.
kräftiger die untergeordneten Gemeinwesen mit ihrem eigenen
Rechte entwickelt sind ®.
Daß das gerade für Deutschland zutrifft, ist nicht zu ver-
kennen. Daher dürfte die Darstellung des „Deutschen Ver-
waltungsrechtes“ gewinnen an Einheit und Klarheit ihrer
Gedankenreihen, wenn wir dieses immerhin etwas fremde Element
nicht mit hereinnehmen. Die Behördenordnung mag dann mit
dem geistesverwandten Verfassungsrecht zusammen auch weiterhin
das „Deutsche Staatsrecht“ bilden°.
III. Unser Verwaltungsrecht ist ein junges Recht; es hat sich
erst während des vorigen Jahrhunderts herausgebildet. Und die
Rechtswissenschaft ist sich erst allmählich des Neuen ganz bewußt
geworden, das sie da vor sich hatte.
Die reiche Staatstätigkeit, die wir jetzt Verwaltung nennen,
mußte schon vorher die Beachtung der Schriftsteller auf sich
ziehen. Unter dem Namen Polizeiwissenschaft, Kameral-
wissenschaft brachte man alles, was da geschah, in eine über-
sichtliche, wohlgeordnete Darstellung und gab nützliche Belehrung,
wie man es besser machen könnte. Was etwa an Rechtsordnung
daran zu bemerken war, erwähnte man nebenbei, vielleicht suchte ein
Lehrbuch des Polizeirechts es zusammenzustellen. Der eigent-
liche Sitz dafür war das Lehrbuch des Staatsrechts, das freilich
in dieser Hinsicht nur sehr dürftiges zu vermelden hatte.
Die Ausbildung des Verfassungsstaates, die sich unter franzö-
sischem Einfluß vollzog, führte auch zur Annahme der französischen
Zweiteilung des Staatsrechts in Verfassungsrecht (droit con-
stitutionnel) und Verwaltungsrecht (droit administratif). Da
8 Über die Art, wie für die Behandlung des Verfassungsrechts und der
Behördenordnung der politische Hintergrund verwertbar wird, vgl. Gerber,
Grundzüge d. deutsch. St.R. S. 237ff. Ein ausgezeichnetes Vorbild solcher
Behandlung hat Gneist gegeben: Engl. V.R. 1883/84; Verwaltung, Justiz,
Rechtsweg 1869; der Rechtsstaat, 2. Aufl. 1879.
9° Wenn man nach älterer Weise unter „Staatsrecht“ Verfassungs- und
Verwaltungsrecht zusammenfaßt, bildet die Behördenordnung von selbst das
Mittelglied, wobei es gleichgültig ist, ob sie unter diese oder jene Überschrift
gestellt wird. Die akademischen Vorlesungen scheiden in der oben angegebenen
Weise, und auch in der Literatur bürgert sie sich mehr und mehr ein. — Be-
zeichnend ist, daß die Franzosen anders verfahren. Beamtentum und Selbst-
verwaltung haben bei ihnen weitaus nicht die Machtstellung wie bei uns; daher
erscheint hier die Behördenordnung mehr im Lichte einer bloßen Form der
Einwirkung des Staates auf die Einzelnen: sie pflegt einfach mit dem droit
administratif verbunden zu werden, dem dann das droit constitutionnel gegen-
über steht.