$ 26. Besonderheiten des Zwangs durch Gewaltanwendung. 313
sich richtete. Was dazu gehört, damit sie rechtmäßig sei, dafür
gibt die Rechtsordnung für das Verhältnis zwischen dem Unter-
tanen und dem Staat, den der Handelnde vertritt, den Maßstab.
Dieser Maßstab gilt schlechthin für jeden anderen als den Voll-
streckungsbeamten, für die Amtshandlung des Vollstreckungs-
beamten aber kommt er nur mit einer wichtigen Einschränkung
zur Anwendung, und darauf beruht dessen besondere Rechts-
stellung‘.
Es greifen nämlich hier die gleichen Rücksichten wieder Platz,
welche schon wirksam geworden sind bei der Ordnung der straf-
rechtlichen und zivilrechtlichen Haftbarkeit gewisser Beamten
(vgl. oben $ 18, In. 2). Wie es dort nicht angemessen schien, diese
die im Amte selbst liegende Gefahr des Fehlgehens selber tragen
zu lassen in den gerichtlichen Folgen der Rechtswidrigkeit:»
so sollen sie hier um eines solchen Fehlgehens willen nicht des
besonderen Schutzes beraubt werden gegen die Gewalttat der
Menschen, die sie obrigkeitlich anzufassen haben. Sie müssen
vielmehr auf diesen Schutz rechnen können, so lange sie ihre
Pflicht tun, wo nicht, so trüge wieder der Staat selbst den Schaden
der zaghaft gewordenen Vollstreckung. Deshalb ist auch hier
„rechtmäßig“ zu verstehen als amtspflichtmäßig, und die
nämlichen Gründe, welche die Haftung des Beamten für die
äußerlich rechtswidrige Amtshandlung ausschlossen, belassen hier
den Widerstand gegen diese bei seiner Strafbarkeit?®.
Einerseits der Irrtum; der amtliche Irrtum allein kommt
in Betracht. Wenn der Vollstreckungsbeamte genötigt ist, ent-
schlossen vorzugehen mit selbständiger Beurteilung der tatsäch-
! Die Vollstreckungsbeamten bilden also einen engeren Kreis innerhalb
der „zur Vollstreckung von Gesetzen u. s. w. berufenen Beamten“ des $ 113
Stf.G.B. R.G. 10. Jan. 1887 (Entsch. Stf.S. VII, S. 289): Ein Gerichtsassessor
hatte eine sofortige Verhaftung wegen Ungebühr beschlossen und selbst dabei
Hand angelegt; das Gericht erklärt den Widerstand „als gegen einen zur
Vollstreckung einer Verfügung des Gerichts berufenen Beamten verübt“ und
strafbar. Berufen hatte sich der Assessor etwas tumultuarisch selbst. Voll-
streckungsbeamter war er nicht, denn dazu gehörte die amtliche Pflicht, Hand
anzulegen. Auf die hier zu erörternde besondere Rechtsstellung hätte er sich
gegebenen Falles nicht berufen können.
®? Man hat einen Maßstab für die „rechtmäßige Ausübung des Amtes“
zu gewinnen geglaubt, indem man auf die Notwehr zurückging und das daraus
sich ergebende „Widerstandsrecht: v. Streit, Widersetzung S. 14 ff.;
M. E. Mayer, Vergl. Darst. d. Stf.R. I, S. 43 ff. Allein der $ 113 steht auf
sich selbst; erst wenn seine Anwendbarkeit verneint wird, kann die Frage der
Notwehr übrig bleiben; „Widerstandsrecht“ ist ein Widerspruch in sich selbst.