Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

$ 26. Besonderheiten des Zwangs durch Gewaltanwendung. 317 
Das Gesetz kann aber auch ausdrücklich das Mittel der Ge- 
fangenhaltung für polizeiliche Zwecke in größerem oder geringerem 
Umfange zur Verfügung stellen!®. In diesem Falle ist es not- 
wendig, die Dauer zu bestimmen, für welche der Gewahrsam auf- 
rechterhalten werden darf. Die Frist pflegt kurz bemessen zu 
sein: nach 24 Stunden, 48 Stunden oder „spätestens im Laufe des 
folgenden Tages“ muß der Gefangene wieder in Freiheit gesetzt 
werden. Und zwar selbst dann, wenn die zu bekämpfende Störungs- 
gefahr, um deren willen die Festnahme erfolgte, zu dieser Zeit 
noch fortdauert. Aber andererseits wirkt diese Fristbestimmung 
auch zugunsten der Polizei: wenn sie die Grenze einhält, braucht 
sie nicht erst Rechenschaft zu geben, ob die zu verhütende 
Störung nicht auch eine frühere Entlassung gestattet hätte. Das 
Gesetz hat ihr den Mann für die kurze Frist in die Gewalt ge- 
geben; insofern liegt der Gedanke einer verdienten Strafe mit 
darin '!. 
Ohne solchen besonderen Rechtsgrund ist eine polizeiliche 
Verwahrung unzulässig '?. 
2. Das Eindringen in die Wohnung ist Gewalt- 
anwendung gegen den, welchem die Wohnung gehört. Es besteht 
in dem Betreten der Wohnung oder Verweilen daselbst gegen 
seinen Willen. Der Wohnung stehen gleich „Geschäftsräume und 
anderes befriedetes Besitztum“ !%. Damit dieses Vorgehen der 
Polizeibeamten zulässig sei, genügen nicht die allgemeinen 
gehend eines Menschen sich zu bemächtigen, kann auch notwendig werden zu 
seiner Absonderung aus seuchenpolizeilichen Gründen oder behufs einer 
Zwangsheilung oder Zwangsimpfung: Schicker, Württ. Pol.Stf.R. zu Ges, v. 
12. Aug. 1879 Art. 2 Note 10; O.V.G. 30. Juli 1883 (Entsch. XXIII, S. 396); 
0.V.G. 1. März 1895 (Reger XVI, S. 202); O.L.G. Darmstadt 18. Nov. 1898 
(Keger XX, S. 101). Sehr weitgehend R.G. 23. März 1880 (Entsch. St.S. I, 
S. 503): eine ehemalige Tänzerin wird gewaltsam aus dem Zimmer eines Herrn 
herausgeholt, um sie unter sittenpolizeiliche Kontrolle zu stellen. 
10 Preuß. Ges. v. 12. Febr. 1850 $ 6; Bayr. Pol.Stf.G.B. Art. 55; Bad. 
Pol.Stf.G.B. $ 30, 8 76. 
11 Nach Bingner u. Eisenlohr, Bad. Stf.R. S. 224, und Schlusser, 
Bad. Pol.Stf.R. S. 94, wäre der Eintritt der Nüchternheit bei dem festgenom- 
menen Trunkenbold unbedingt der rechtliche Endpunkt des Gehorsams; dafür 
wäre aber die Frist von 24 Stunden, die Bad. Pol.Stf.G.B. $ 76 setzt, reichlich 
hoch bemessen. 
12 Den Ausnahmefall des polizeilichen Notstandes (oben $ 25 Note 20) 
vorbehalten. 
18 Der äufsere Tatbestand trifft zusammen mit dem des Hausfriedens- 
bruches nach Stf.G.B. $ 123.
	        
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