Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

320 Die Polizeigewalt. 
Gesetz gestattete Wegnahme von Proben feilgehaltener Nahrungs- 
mittel, um sie auf ihre Unschädlichkeit zu prüfen, führt zur Wert- 
vernichtung. Hier kann ausnahmsweise eine Entschädigung des 
Betroffenen in Frage kommen; davon unten $ 53 das Nähere. Auf 
keinen Fall soll die Obrigkeit dabei etwas gewinnen "®, 
4. Das schärfste Mittel polizeilicher Überwältigung ist der 
Waffengebrauch, d. h. die bestimmungsgemäße Anwendung 
des zu seiner Ausrüstung dienenden Körperverletzungswerkzeuges 
(Dienstwaffe) durch den polizeilichen Vollstreckungsbeamten. 
Es versteht sich nicht überall von selbst, wo Gewaltanwendung 
zulässig ist. Denn die Gewaltanwendung soll die Störung ab- 
wehren, den Störer hindern, sie fortzusetzen; sie soll ihm aber 
kein Übel zufügen, welches fortdauert, wenn die Störung über- 
wunden ist. Der Waffengebrauch führt seiner Natur nach immer 
zu einem solchen Übel. Er kann zulässig werden auf zweierlei 
Weise. 
Einmal nach dem gemeinen Rechte der Notwehr. Der Be- 
amte kann bei seinem Dienste in die Lage kommen, einen rechts- 
widrigen Angriff von sich selbst oder von einem anderen ab- 
zuwehren. Dafür gelten dann die Regeln Stf.G.B. $ 53. Daß die 
Dienstwaffe bei der Hand ist, macht nur einen tatsächlichen Unter- 
schied 1?, 
Daneben steht aber noch eine besondere Regelung des 
Waffengebrauchs durch ausdrückliche Gesetzgebung. 
Polizeiliche Vollstreckungsbeamte erhalten dadurch das Recht, 
sich der Dienstwaffe und nur dieser zu bedienen über den Fall 
der Notwehr hinaus®®. 
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Sachen. Bei O.L.G. Dresden 9. Juni 1904 (Reger XXVI, S. 191) — ein ganzes 
Weinlager weggenommen, weil es unerlaubtem Schankbetriebe gedient hatte — 
scheint die polizeiliche Verhütungsmaßregel und die strafrechtliche Einziehung 
durcheinander zu laufen. 
18 Nahrungsmittelges. v. 14. Mai 1879 8 1 Abs. 2. Sächs. 0.V.G. 23. März 
1904 (Jahrb. V, S. 198): Behufs der vorgeschriebenen Trichinenschau sind 
Fleischproben bei den Metzgern entnommen worden; die Reste davon hat die 
Stadt verkauft, aber den Erlös darf sie nicht behalten; denn sie „hat ein 
Eingriffsrecht nur, insoweit das von ihr zu schützende öffentliche Interesse 
reicht“. 
18 Wilfling, Adm. Waffengehr. S. 16 fi.; Rissom, Notwehr und 
Waffengebr. d. Milit. 8. 7 ff. 
?° van Calker, R. d. Milit. z. admin. Waffengebr. S. 17, S. 39. Es ist 
nicht einzusehen, weshalb das Gesetz die genauere Bestimmung nicht einer 
Verordnung sollte überlassen können: die Bedenken, die van Calker, über-
	        
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