Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

326 Die Polizeigewalt. 
„Jedermann“ zustehenden vorläufigen Festnahme auf frischer 
Tat: die strafbare Handlung selbst wird dadurch kräftig unter- 
brochen. Das wirkt alles auch zugunsten des Soldaten. Bei ihm 
erhält es aber durch den Zusammenhang mit seiner Dienstpflicht 
eine besondere Bedeutung. Der Dienst kann bei ihm die Aus- 
übung solcher allgemeinen Befugnisse ausschließen, von selbst oder 
durch Verbot. Umgekehrt aber kann ihm seine Dienstvorschrift 
zur Pflicht machen, in dieser Weise einzugreifen, wo der Fall sich 
bietet. Dann beruht seine Befugnis zum Eingriff nach wie vor 
auf jenen allgemeinen Menschenrechten. Die Dienstvorschrift aber 
macht, daß die Ausübung jetzt erfolgt „in unserem Dienste zur 
Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit“ ; 
es wird Polizei, was hier geübt wird. 
In solcher Weise sind namentlich die Wachen und Posten 
mit polizeilicher Hilfstätigkeit betraut, — 
Von allen diesen Fällen hebt sich aber noch einmal scharf ab 
die militärische Polizeiübung, wie sie im Belagerungszustand 
und in der kriegsmäßigen Unterdrückung innerer Un- 
ruhen zutage tritt. Auch das ist abgeleiteter militärischer Polizei- 
zwang, insofern hier Dinge vorgenommen werden, die eigentlich 
zur Zuständigkeit der bürgerlichen Behörden und Beamten ge- 
hören. Aber das Neue ist, daß das Heer nicht mehr der bürger- 
lichen Polizei beisteht bei ihrem Unternehmen, das das ihre ver- 
bliebe, sondern es nimmt die Sache selbst in die Hand, 
verdrängt die ordentliche Zuständigkeit und setzt sich zu selb- 
ständigem Vorgehen in Besitz der fremden Befugnisse. 
Das ist beim Belagerungszustand (Kriegszustand) in durch- 
greifender Weise der Fall, wenn von der ganzen „vollziehenden 
Gewalt“ der bürgerlichen Verwaltung nichts übrig bleibt, als was 
der Militärbefehlshaber für gut findet, ihr zu belassen ®, 
30 Preuß. Instr. für die Wachen v. 27. Juli 1850 86 n. 1: Festnahme von 
„Personen, welche bei Ausführung einer strafbaren Handlung oder gleich nach 
derselben betroffen oder verfolgt werden“. Nach der Instr. geschieht das „ver- 
möge eigener Amtsgewalt“ — im Gegensatz zu der Festnahme auf Befehl 
($ 7), der nur „in den gesetzlich zulässigen Fällen“ erfolgen soll, aber von der 
Wache stets auszuführen ist „auf Gefahr des Befehlenden“. Die eigene Amts- 
gewalt der Wache ruht auf dem oben erwähnten allgemeinen Verhaftungsrecht. 
Die in $ 15 der Instruktion erwähnte Befugnis, in dringenden Fällen Personen 
kurze Zeit „in Verwahrung zu nehmen“ (vgl. oben $ 26, II n. 1), ist den 
Wachen durch das Ges. v. 12. Febr. 1850 $ 6 besonders überwiesen. Beides 
bedeutet Stücke der allgemeinen Sicherheitspolizei. 
1 Preuß. Ges. v. 4. Juni 1851 $ 4.
	        
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