Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

& 29. Die abgeschwächte Steuerpflicht. 359 
so fällt die Freilassung weg, und die Steuerpflicht, welche sie be- 
seitigen sollte, tritt wieder in Kraft'®, 
III. Verfahren mit schwebender Steuerpflicht. Unter 
Umständen tritt vermöge einer vom Gesetze gestatteten Ausnahme 
die Steuerpflicht da nicht ein, wo sie nach ihrer allgemeinen 
Ordnung eintreten sollte, und wird statt dessen ihre Entstehung 
von später zu erfüllenden Voraussetzungen abhängig gemacht; der 
Entstehungspunkt wird verschoben. 
Die Grundidee gibt die rechtliche Lage, wie sie an der Grenze 
sich gestaltet. Die Ware, deren Bewegung über die Zollinie zum 
Eintritt in den Verkehr die Steuerpflicht gesetzmäßig begründen 
wird, liegt der Behörde vor. Die Steuerpflicht ist noch nicht ent- 
standen. Die Ware kann den Schritt vorwärts machen, um sie zu 
begründen; sie kann aber auch wieder zurückkehren in das Zoll- 
ausland, ohne eine Pflicht begründet zu haben, wenn der Beteiligte 
dies beantragt'*. 
| Das Gesetz gewährt nun gewisse Verfahrensarten, bei welchen 
diese Unentschiedenheit vorläufig bewahrt bleibt, auch wenn 
die Ware nun doch ins Inland weiter geht und sogar dort zeit- 
weise niedergelegt wird. Während dieses Schwebezustandes kann 
die Ware ins Ausland zurückkehren oder untergehen; dann ist 
das verpflichtende Steuergesetz an ihr vorübergegangen, ohne seine 
Wirkung auf den Beteiligten zu äußern. Es kann aber statt dessen 
die Ware nachträglich aus dem Bannkreis dieses künstlichen Rechts- 
zustandes heraustreten, um dem freien Verkehre des Inlandes an- 
zugehören, mit oder ohne den Willen des Beteiligten; dann knüpft 
sich an die Tatsachen, die das bedeuten, das ungehemmte Wirk- 
samwerden des Steuergesetzes, und die Steuerpflicht entsteht 
jetzt. 
Das Verfahren mit schwebender Steuerpflicht bedarf erklär- 
licher Weise einer besonders kräftigen Ausstattung mit Schutz- 
vorkehrungen für die Steuer, die etwa doch noch an diese Ware 
18 Mineralöl-Zollordnung v. 15. Febr. 1906. — Behr, in Arch. f.öff.R. XIV, 
S. 196 will hier einen „auflösend bedingten Zollanspruch“ annehmen. Allein, 
wenn das Gesetz sagt: „Oele, die für andere gewerbliche Zwecke als Her- 
stellung von Schmieröl u. s. w. bestimmt sind, sollen frei gelassen werden“, 
so bedeutet das eine Maßregel, die schon bei der Abfertigung der Entstehung 
des Zolles entgegenwirkt, nicht eine erst hinterdrein kommende Wirkung der 
auflösenden Bedingung. Behr, a. a. O. S. 197 bemerkt selbst, daß in der 
Art, wie die Einrichtung gehandhabt wird, die Folgerungen aus seiner Auf- 
fassung nicht voll gezogen sind; mit der unsrigen stimmt es. 
ı* „Deklaration zur Wiederausfuhr“: Troje, Zolltarif S. XXX.
	        
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