$ 30. Der Finanzbefehl. 37
Was wir hier vor uns haben, ist also nur eine Erscheinungs-
form eines allgemeineren, auch sonst wohl bekannten Rechts-
begriffes.
3. Müssen wir demnach ein dem Gebiete der Finanzgewalt
eigentümliches Gewaltverhältnis annehmen, so ist die weitere
Frage: wie wird diese Überwachungsgewalt gegenüber den Beteiligten
begründet? Jene Verminderung der Freiheit, welche ein Ge-
waltverhältnis für den ihm Unterstellten bedeutet, versteht sich
nie von selbst. Sie muß immer zurückführbar sein auf einen der
zwei Rechtsgründe, welche in unserem Verfassungs- und Rechts-
staat Eingriffe in die Freiheit allein zu rechtfertigen vermögen:
gesetzliche Grundlage oder freiwillige Unterwerfung. Bei den
Gewaltverhältnissen kommt aber noch eine Voraussetzung hinzu,
an der ihr Wesen hängt und durch deren Erfüllung sie immer
erst fertig werden: es handelt sich durchweg um eine Ein-
richtung, eine Veranstaltung der öffentlichen Gewalt,
bei der sie für den bestimmten Zweck maßgebend sein und das
Nähere bestimmen will; erst der tatsächliche Eintritt in
diesen Machtbereich bringt das Gewaltverhältnis zur vollen
Entstehung "®.
Bei unserem finanzrechtlichen Gewaltverhältnisse vollzieht sich
das in der Weise, daß zunächst das Gesetz in allgemeiner Weise
die Verhältnisse bezeichnet, in welchen zur besseren Sicherung der
bei Haenel, St.R. I, S. 285 ff., vor allem S. 287 Anm. 15: „Jene Regulative
haben die doppelte Bedeutung teils von Anweisungen für die Behörden für
die Handhabung der ihnen eingeräumten Kontrollgewalt...teils...
von Befehlen, zu deren Befolgung die Beteiligten kraft jener Kontroll-
gewalt der Behörden oder kraft rechtsgeschättlicher Unterwerfung ver-
pflichtet sind“. — Salzsteuerges. v. 12. Okt. 1867 $ 6 bringt das Verhältnis
folgendermaßen zum Ausdruck: „Die in $& 3 bezeichneten Anstalten (zur Salz-
gewinnung) unterliegen zur Ermittelung des Abgabebetrages, sowie zur Ver-
hütung von Defraudationen hinsichtlich ihres Betriebes und geschäftlichen
Verkehres der Kontrolle der Steuerverwaltung, welche durch eine von dieser
zu erlassende Anweisung geregelt wird“. Die Kontrolle bedeutet das auf-
erlegte Gewaltverhältnis, die Anweisung zieht die Folgerungen daraus, wie
die Dienstanweisung aus dem Dienstgewaltverhältnis.
18 Wenn der Dienstpflichtige, Beamte, Schöffe, Soldat, seinen Dienst an-
getreten hat, eingereiht ist in das große öffentliche Unternehmen, dem er
dienen soll, dann beginnt mit der „aktiven Dienstpflicht“ für ihn der neue
Rechtszustand, der die Dienstgewalt weckt; vgl. unten $ 43, I,n. 2.
Ebenso bewirkt der tatsächliche Eintritt des Benutzers in den Betrieb der
öffentlichen Anstalt, in den Bannkreis ihres Hausrechts jenes Abhängigkeits-
verhältnis, das wir als Anstaltsgewalt bezeichnen; vgl. unten $ 52, 11.
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