374 Die Finanzgewalt.
behaltes im Rechtssatze selbst, und die Durchbrechung — Eı-
Jaubnis oder Entbindung vom Gebot — geschieht dann durch den
also ermächtigten Verwaltungsakt. Erteilung und Zurücknahme
pflegen hier noch viel mehr als bei der Polizei in das freie Er-
messen der Behörde gestellt zu sein !®.
2. Wenn der allgemeine Finanzbefehl in Form einer Ver-
waltungsvorschrift gegeben ist, gelten andere Regeln.
Die Behörde, von welcher die Ordnung ausging, und ebenso
natürlich ihre Vorgesetzte, kann alsdann, auch ohne besonderen
Vorbehalt, solche Ausnahmen jederzeit bewilligen; nur der ord-
nungsmäßige Rechtssatz, entlehnt von der gesetzgebenden Gewalt,
ist höherwertig als die Einzelverfügung der Behörde, die ihn er-
lassen hat ?®.
Die ihr untergeordnete Behörde dagegen bedarf einer Ermäch-
tigung in der Verwaltungsvorschrift selbst, wenn sie eine Ausnahme
gewähren soll. Andernfalls wäre ihre Gestattung rechtsungültig,
auch nach außen. Denn jene Vorschrift ist nicht eine Dienst-
anweisung für sie, die lediglich im inneren Verhältnis wirkte,
sondern sie ist eine „Generalverfügung“ den Untertanen gegen-
über, die in ihrer Wirkung auf diese durch die entgegengesetzte
Willensäußerung der unteren Behörde so wenig beeinträchtigt
werden kann wie eine Einzelverfügung oder wie das Urteil des
Obergerichts durch das des Untergerichts?®®.
18 Rechtssatzmäßiges Finanz verbot mit Erlaubnisvorbehalt in Ver.Zoll-
Ges.$ 21: Mit zollpflichtigen Waren darf die Grenze zur Nachtzeit nicht über-
schritten werden; in besonderen Fällen erteilt das Zollamt dazu die Erlaubnis.
Rechtssatzmäßiges Finanzgebot mit Entbindungsvorbehalt in Tabakst.Ges.
v. 15. Juli 1909 $ 32 Ziff. 3: Bis zum bestimmten Termin muß die zur Rege-
lung der Blätterzahl erforderliche Behandlung der Tabakpflanzen auf dem
Felde vollständig bewirkt sein; von dieser Vorschrift kann in gewissen Fällen
„die Steuerbehörde die betreffenden Tabakpflanzer entbinden“.
19 Vgl. oben $ 7 n. 1, $ 22 Eing.
2° Zwischen Verwaltängsvorschrift und Einzelanweisung entscheidet ledig-
lich der Vorrang der höheren Behördenstufe, wie zwischen Verwaltungsakten
unter sich. — Vorbehaltene Ausnahniebewilligungen in Bundesratsvorschr. z.
Branntweinst.Ges. v. 1887, 2, III bundc (Zentr.Bl. 1887 S. 354): An den Rohr-
leitungen dürfen sich keine Ventile befinden, „sofern nicht durch besondere
von der Steuerbehörde genehmigte Einrichtungen die Möglichkeit u. s. w....
beseitigt wird“. Ausf.Best. z. Branntweinst.Ges. v. 10. Juli 1900 $ 321 (Zentr.
Bl. 1900 Beilage N. 3): Alle Röhrenleitungen müssen von bestimmter Be-
schaffenheit sein; bestehenden Brennereien „kann die Fortbenutzung ab-
wgichender Rohre widerruflich gestattet werden“. Zuckerst.Regulativ zu $ 12
und $ 13 des Ges. v. 1887 (Zentr.Bl. 1888 S. 268): Die Fenster des Fabrik-