Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

$ 31. Die Finanzstrafe. 387 
gesellschaften und juristische Personen, die in einem 
solchen Verhältnisse zu dem eigentlichen Schuldigen stehen ?°, 
3. Über Strafen des gemeinen Rechtes steht den Behörden grund- 
sätzlich keine Verfügung zu; hier gibt es nur das Begnadigungsrecht 
des Staatsoberhauptes. Ebenso sind sie wegen des Steueranspruchs 
des Staates schlechthin an das zu vollziehende Gesetz gebunden; 
ein Steuererlaß kann nur aus dem bestimmten Grunde geschehen, 
für welchen das Gesetz die Behörde dazu ermächtigt hat (vgl. oben 
$ 28 III. Auf dem Gebiete der Finanzstrafe findet in weitem 
Maße eine Verfügung der Finanzbehörden über den 
dem Staate zustehenden Anspruch statt zugunsten 
des Strafschuldners. Sie können auch hier nicht Willkür 
üben, aber sie können nach pflichtmäßigem Ermessen abwägen, 
inwieweit der von ihnen wahrzunehmende Vorteil des Staates im 
gegebenen Falle mit schonender Nachsicht sich verträgt, und 
danach vorgehen. Das liegt in ihrer Geschäftsführungsbefugnis 
und verbindet sich von selbst mit der Ausübung ihrer Zuständig- 
keit zur Strafverfolgung *°. 
Danach ist gestattet: 
— in geringfügigen Fällen der einfache Verzicht auf die 
Durchführung der verwirkten Strafe (Niederschlagung); 
— gerade auch in schwereren Fällen Festsetzung der Strafe 
auf einen geringeren Satz als den gesetzlichen, möglicherweise auch 
mit Verzicht auf die verwirkte Einziehung, unter der Bedingung, 
daß der Strafschuldner sich dieser Festsetzung ohne weiteres 
Verfahren unterwirft (Submissions- oder Unterwerfungs- 
verfahren)®®., 
37 Loebe, Zoll-Stf.R. S. 169. Auch der Fiskus kann auf diese \WVeise 
für die Zollstrafen in Anspruch genommen werden. 
38 Meisel, in Finanz-Arch. XIX, 2 S. 53 fl. — Die Strafverfolgung wie 
die Durchführung der erkannten Strafen ist hier an kein unbedingtes Legali- 
tätsprinzip gebunden, sondern wird lediglich als Dienstpflicht der Beamten an- 
gesehen. von der sie auch in Form einer Verwaltungsvorschrift entbunden 
werden können. Über ältere Kabinettsordres und Allerh. Erlasse dieser Art 
vgl. v. Rönne, St.R. d. Pr. Monarchie 1, S. 545 fl. Jetzt noch gründet sich 
in Preußen das Recht der Oberzolldirektionen und Hauptamtsleiter zur Nach- 
sichtgewährung auf Erlaß des Finanzministeriums vom 6. Okt. 1887. — Für 
das Reichsrecht gibt Begleitscheinordnung v. 5. Juli 1858 $ 42 Abs. 2 ein 
Beispiel. 
2% G. Mayr, in Verw.R.Wörterb. II, S. 977; v. Bitter, Handwörterb. 
d. Pr. Verw. Il, S. 984 f.; Pr. Ges. über d. Verw.Stf.Verf. v. 26. Juli 1897 8 21. 
Es ergibt sich hier ein Seitenstück zu dem „Abfindungsvertrag“*“ über die 
Steuerpflicht (oben $ 28, Ill n. 2), Vertrag ist eines so wenig wie das andere, 
25”
	        
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