$ 32. Der Finanzzwang. 30]
Eine selbständige Grundlage finden solche Durchsuchungen
noch in den hier sich begründenden Gewaltverhältnissen. Hier
kann die Ermächtigung dazu durch Verwaltungsvorschriften
gegeben werden *.
II. Die administrative Zwangsbeitreibung ist obrig-
keitlicher Eingriff der Verwaltung in Freiheit und Eigentum
des Untertanen zum Zwecke tatsächlicher Befriedigung einer
Geldschuld.
Von der zivilprozessualen „Zwangsvollstreckung wegen Geld-
forderungen“, deren Formen sie vielfach entlehnt, unterscheidet
sie sich durch ihre Eigenschaft als Verwaltungstätigkeit, als Er-
scheinungsform der Finanzgewalt.e. Der Staat zwingt hier zur
Zahlung, nicht um die Rechtsordnung aufrecht zu erhalten, sondern
„zur Verwirklichung seiner Zwecke unter seiner Rechtsordnung“
(oben $ 1, II n. 3): er verwaltet, indem er zwingt®.
1. Die administrative Zwangsbeitreibung ist demnach selbst-
verständlichen Rechtes überall, wo der Staat dem Untertanen mit
einem irgendwie entstandenen öffentlichrechtlichen Geld-
anspruche gegenübersteht®. Indem er diesen einfach geltend
macht und zur Durchführung bringt, tritt er nicht auf den
Boden des Zivilrechts und der gleichberechtigten Parteistellung
* Ver.Zollges. $ 124 Abs. 3; Niederlageordnung $ 1 Abs. 2: Personen,
welche die Niederlage verlassen, können nach Maßgabe des $ 127 Ver.Zollges.
einer körperlichen Visitation unterworfen werden. Der $ 127 gilt für den
Grenzbezirk und nicht für die im Binnenlande eingerichtete Niederlage. Aber
wer diese besucht, unterliegt der darin herrschenden Aufsichtsgewalt, und kraft
dieser verpflichtet ihn die Verwaltungsvorschrift, sich durchsuchen zu lassen.
Vgl. oben $ %, U n. 3.
5 Es ist deshalb etwas zu viel gesagt, wenn G. Meyer-Dochow,
Verw.R. $ 12, I (4. Aufl. I S. 63), das bezeichnet als „eine gewöhnliche Zwangs-
vollstreckung in das Vermögen, wie sie auch im Zivilprozeß vorkommt“. Aber
ganz verfehlt ist das Zusammenwerfen der Zwangsbeitreibung mit der polizei-
lichen Zwangsvollstreckung: Gneist, in Holtzendorff Rechtslex. III, 2,
S. 1106 fl.; Bornhak, Preuß. St.R. III, S. 519. Selbst Seydel, Bayr. St.R.
11, S. 346 ff, u. S. 348 ff., begreift beides unter dem „staatlichen Zwangsrecht
gegen die Person“ und als zusammengehörigen Gegensatz zu der Enteignung
als dem „staatlichen Zwangsrecht gegen das Vermögen“.
6 Über die Selbstverständlichkeit dieser Befugnis vgl. Gneist, inHoltzen-
dorff Rechtslex. III, 2, S. 1106; Oppenhoff, Ressortverh. (2. Aufl.) S. 155 ff.;
Bl. f. adm. Prax. XXVIII, S. 253 (Beispiele aus der älteren Bayrischen Praxis).
Im Anschluß an die in Kraft tretende Z.P.O. haben die bundesstaatlichen Aus-
führungsgesetze dieses Zwangsbeitreibungsverfahren zumeist neu geordnet.
Seither vor allem: Preuß. Ges. v. 15. Nov. 1899; Bad. Ges. v. 12. April 1899;
Bayr. Ges. v. 26, Juni 1899; Sächs. Ges. v. 18. Juli 1902,