Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

34 Die Finanzgewalt. 
Darunter stehen dann die Beamten, welche der Zwangs- 
beitreibung die starke Hand leihen, sie nötigenfalls mit Gewalt 
ins Werk setzen sollen. Dazu können allerlei untere Beamte der 
leitenden Verwaltungsbehörde herangezogen werden, nebenher und 
gelegentlich. Es hat sich aber für die wichtigeren Finanzzweige ein 
eigenes Personal von Vollstreckungsbeamten ausgebildet !!. 
In dieser Ordnung schreitet nun die Öffentliche Gewalt zur 
Anwendung der verschiedenen Mittel, welche der Zwangs- 
beitreibung zu dienen bestimmt sind. 
Sie laufen ursprünglich auf ein sehr derbes Außerliches An- 
fassen des Schuldners hinaus. Das Einlager namentlich wird gern 
verwendet; die „Presser“ des württembergischen Rechts, wie die 
garnisaires des französischen geben Beispiele. Als einfachster 
und geradester Weg dient von jeher die Pfändung: Wegnahme 
von beweglichen Sachen des Schuldners, um durch ihren Verkauf 
die Forderung des Staates zu decken. 
deutlicher Sächs. Ges. v. 18. Juli 1902 8 1: „Durch Verordnung des zustän- 
digen Ministeriums können auch solchen Verwaltungsstellen, welche nicht Ver- 
waltungsbehörden im Sinne von $ 2 des A.Gesetzes v. 2°. Jan. 1835 sind, in 
Ansehung der von ihnen einzuziehenden Geldleistungen in Verwaltungssachen 
die Befugnisse einer Verwaltungsbehörde zuerteilt werden“. Nach Postges. 
28. Okt. 1871 $ 25 sind „die Postanstalten berechtigt, unbezahlt gebliebene 
Beträge von Personengeld, Porto und Gebühren ... . exekutorisch einziehen 
zu lassen“. Auch dies sind keine Verwaltungsbehörden im eigentlichen Sinn 
(vgl. oben 8 9, In. I), Der Name Vollstreckungsbehörde empfiehlt sich hier 
nur durch die Leitung des Verfahrens und durch die Vorgesetztenstellung 
gegenüber dem Vollstreckungsbeamten. 
11 Preuß. Verord. v. 15. Nov. 1899 $ 6, Anweisung dazu v. 28. Nov. 1899 
Art. 13 ff. („Vollziehungsbeamte“); Bayr. Ausf.Ges. zu Z.P.O. nach Bekanutm. 
v. 26. Juni 1899 Art. 7 („besondere Vollzugsorgane“); Sächs. Ges. v. 19. Juli 
)902 8 4. Württemb. Ges. v. 18. Aug. 1879 Art. 12; Bad. Ges. v. 12. April 
1899 8 2. 
Oppenhoff, Ressortverh. (2. Aufl.) S. 276 Note 191, bezeichnet es, un- 
verändert wie in der 1. Aufl. S. 268, als einen Gegensatz des preußischen und 
des französischen Rechtes, daß bei diesem die Vollstreckung in die Hände 
selbständiger Beamter gelegt ist, der Gerichtsvollzieher, nach preußischem 
Rechte aber „die Behörde selbst als der vollziehende Teil erscheint, inden 
die hierbei mitwirkenden Unterbeamten ohne alle Selbständigkeit handeln, 
rleichsam bloße Werkzeuge sind, deren Tätigkeit sich nach außen hin mit der 
der anordnenden Behörde deckt“. Ich wiederhole, daß das ein Irrtum ist. 
Auch im französischen Recht hat der administrative Vollstreckungsbeamte, 
der porteur de contrainte, die hier geschilderte Stellung; der dem französischen 
Zivilprozeß entnommene selbständige Vollstreckungsbeamte, Gerichtsvollzieher 
genannt, findet jetzt in unserem administrativen Zwangsbeitreibungsverfahren 
eine ausgedehntere Verwendung als im französischen, Vgl. unten Note 20,
	        
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