Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

$ 32. Der Finanzzwang 401 
Es wird einfach Pficht der Finanzbehörden, für die 
Berichtigung der Schuld des Staates zu sorgen. Die dienstlichen, 
gesetzlichen und verfassungsmäßigen Verantwortlichkeiten der be- 
teiligten Beamten sprechen darüber das letzte Wort*®. Ingleichen 
wird bei schuldnerischen juristischen Personen untergeordneter Art, 
die dem öffentlichen Rechte angehören, wie Gemeinden, Stiftungen, 
Anstaltspersönlichkeiten, die von den staatlichen Behörden geübte 
Aufsichtsgewalt in ihren eigentümlichen Formen einschreiten 
müssen, um dem Gläubiger zu seinem Rechte zu verhelfen **., 
unvereinbar ist mit dem sogenannten „Recht auf Achtung und Ehre“, das das 
Völkerrecht anerkennt. Diese Auffassung müßte aber geradeso auch unserem 
eigenen Staate zugute kommen. Und zwar, wie dem fremden Staate, von selbst, 
auch ohne besonderes Gesetz: die ordentlichen Zwangsvorrichtungen sind für 
ibn so wenig bestimmt wie für diesen. Das gäbe auch die Lösung für die 
Frage der Auspfändbarkeit des Reichs, von der die Gesetze schweigen: 
F. Stein, Justiz und Verwaltung, S. 71. 
28 Damit kehrt die Zwangsvollstreckung in die gewohnten Formen des 
öffentlichen Rechtes zurück: rechtliche Ordnung des obrigkeitlichen Tuns von 
innen heraus, nicht durch äußerliche Beherrschung. Es ist mit Recht hervor- 
gehoben worden, daß hier eine Parallele besteht mit der Gewährung von 
Rechtsschutz gegen den fremden Staat auf diplomatischem Wege, um diesen 
zu Zahlung zu vermögen (Fleischmann, Zwangsvollstreckung gegen fremde 
Staaten, 8. 117). Die Verweisung auf unseren Verwaltungsweg ist für den 
Gläubiger noch erheblich günstiger. In den Verhandlungen des Reichstags 
zu E.G. z. Z.Pr.O. 8 15 Ziff. 3 sprach allerdings die gute alte Zeit noch ihr 
Verdammungsurteil: „Ein solcher Zwang dürfe dem Gläubiger nicht angetan 
werden; er brauche sich nicht auf die Pflichttreue der oberen Verwaltungs- 
beamten verweisen zu lassen“ (Hahn, Mat. II, S. 1091). Wir wollen aber 
andererseits auch keine Beschönigungsversuche machen und es „gerichtliche 
Zwangsvollstreckung gegen den Fiskus“ nennen, wenn das Gericht nach Preuß. 
A.G.O. I, Tit. 85 $ 33 die vorgesetzte Finanzbehörde angeht, damit diese „die 
nötigen Anstalten treffe“ (F. Stein, Justiz und Verwaltung, S. 69). 
% Vgl. unten $ 59, 1I n. 3. Voraussetzung ist freilich, daß der Auf- 
sichtsbehörde die nötigen Machtmittel dafür zuerkannt werden, namentlich die 
Zwangseinschreibung. Sonst sucht die Justiz eben doch mit ihrem Zwang zu helfen. 
In diesen Dingen wirken immer gewisse Naturkräfte des Rechts. 
  
Binding, Handbuch. VI. 1: Otto Mayer, Verwaltungsr. I. 2. Aufl. 26
	        
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