Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

$ 4. Der Polizeistaat. 45 
Außerhalb dieses Kreises stehen allgemeine Vorschriften, welche 
lediglich im inneren Verhältnis zwischen dem Beamten und 
seinem Dienstherrn wirksam sind (Dienstanweisungen, Instruktionen, 
Organisationsbestimmungen, Verfahrensordnungen). Diese Ausübung 
des jus circa officia schafft keine eigentlichen Gesetze !*. Das wird auch 
dadurch nicht anders, daß die Vorschrift bezweckt, ein bestimmtes 
Verhalten des Beamten den Untertanen gegenüber herbei- 
zuführen, auf den ersten Blick dem Strafgesetz vergleichbar, durch 
welches den Richtern befohlen wird, diese Art Handlung so zu be- 
strafen. Wenn der Landesherr seinen Polizeibehörden befiehlt: 
Daneben gab es noch eine andere Gruppe von Bestimmungen, ebenfalls 1572 
erlassen und zunächst von den Gerichten angewendet, die aber niemals ver- 
öffentlicht worden sind. Diesen begannen die Sächsischen Dikasterien im 
17. und 18. Jahrhundert, unter Hervorhebung des Mangels, die Anwendung zu 
verweigern (a. a. O. S. 106, S. 107). — Schließlich ist die Veröffentlichung des 
Gesetzes überall als eine formale Bedingung seiner Gültigkeit und Wirksam- 
keit angesehen: J. H. Boehmer, jus publ. P. spec. cap. II $ 89; Häberlin, 
St.R. 8 222; Glück, Komment. I S. 128ff.; K.S. Zachariae, Vierzig 
Bücher IV, IV; Klüber, Öff. R. $ 362; Kant, Rechtslehre $ 48; Hegel, 
Rechtsphilosophie $ 215. 
4 Hubrich, in Verw. Arch. XVI S. 433, unterscheidet „gesetzliche 
Normen“ und „interne Verwaltungsvorschriften für die amtliche Tätigkeit der 
betreffenden Beamten“, findet aber dann (S. 434), daß Gesetze sich auf die An- 
gehörigen eines kleineren „Interessentenkreises“ beschränken könnten, die Be- 
amten seien ein solcher und deshalb würden „wahre Gesetzesnormen“ durch 
einfache Zufertigung an sie genügend wirksam gemacht. Allein mir scheint, 
dann gäbe es gar keine „internen Verwaltungsvorschriften“. Das Merkmal des 
Bestimmtseins tür die Untertanen muß bei dem älteren Gesetzesbegriff fest- 
gehalten werden, sonst hat er überhaupt keine Abgrenzung; vgl. Anschütz, 
Begr. d. gesetzgebend. Gew. S. 15 (vor der Verfassung hat es nur „Gesetze in 
materiellem Sinne“ gegeben). Moser (vgl. oben Note 9) meint allerdings, das 
Gesetz könne auch nur „eine gewisse Gattung“ verbinden, aber von „Landes- 
untertanen“ (nicht von „Interessenten“), und diese stellt er (vgl. oben Note 10) 
für das Gesetz des Landesherrn in Gegensatz zu „seinen Beamten“, die es nicht 
ausschließlich betreffen darf, wenn es als Gesetz angesehen werden soll. Die 
Beamten sind in ihrer dienstlichen Tätigkeit kein kleinerer Kreis von Unter- 
tanen, kein Stand, sondern gehören zum Landesherrn, der durch sie auf die 
Untertanen, im Ganzen wie nach einzelnen Ständen, wirken kann. Ein Erlaß 
über ihre „Frühstückspause“ ist damals kein Gesetz, sollte er sich auch ein- 
mal so nennen. Klein, in Annalen der Gesetzgebung i. d. Preuß. Staaten 
(1788) II S. 21, handelt von der Frage: „Ob dem Richter geheime Instruktionen 
gegeben werden könnten?“ In Ansehung des „Gesetzes“, d. h. des anzu- 
wendenden Zivil- und Strafrechts, will er das nicht zulassen, wohl aber be- 
züglich des einzuhaltenden Verfahrens, der „Prozeßordnung“. Sogar diese 
wäre also kein „wahres Gesetz“. Was daran fehlt, ist offenbar dasselbe wie 
bei dem jetzt oben zu betrachtenden Polizeigesetze.
	        
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