Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

52 Geschichtliche Entwicklungsstufen. 
Nun bricht aber immer deutlicher die Anschauung durch, 
daß auch für die Summe der Hoheitsrechte oder vielmehr jetzt 
die allgemeine hoheitliche Macht der Staat in aller Form als 
das Rechtssubjekt zu denken ist, für welches sie ausgeübt wird; 
er soll juristische Person sein auch als Ausgangspunkt der Öffent- 
lichen Gewalt. 
Dadurch erhalten wir von selbst zwei Rechtssubjekte 
nebeneinander, in welche der Staat juristisch zerlegt ist: einer- 
seits den alten Fiskus, den Staat als „Erwerbsgesellschaft“ oder 
juristische Person des Zivilrechts; andererseits den eigent- 
lichen Staat, die „Staatsgesellschaft“, die juristische Person 
des öffentlichen Rechts, in dem verneinenden Sinne wenigstens, 
den „öffentliches Recht“ bedeutet, d. h. nicht dem Zivilrecht zu- 
gehörig **. 
Diese Scheidung ist im Sinne jener Zeit zu verstehen. Es 
handelt sich dabei nicht um verschiedene Arten von Beziehungen 
eines und desselben Rechtssubjektes, nicht lediglich um zwei Seiten, 
zweierlei Funktionen des Staates. Es ist kein Irrtum der damaligen 
Schriftsteller, Richter und Staatsmänner und kein Mißgriff in der 
Ausdrucksweise, wenn sie den Fiskus ausdrücklich als eine Person 
für sich erklären im Gegensatz zum Staat; sie wollen das wirklich, 
was sie sagen. Nur so verstanden reicht diese Idee aus zur Er- 
klärung der Ordnung, welche die Sache im wirklichen Rechte 
dieser Entwicklungsstufe erhält. Die beiden juristischen Personen 
‘sind nicht bloß dem Namen nach geschieden; für jede besteht 
auch eine besondere Vertreterschaft und werden verschieden- 
artige Geschäfte besorgt. Vor allem aber haben sie verschiedene 
rechtliche Eigenschaften. Der Fiskus ist seiner Natur 
nach der „gewöhnliche Privatmann“, er unterliegt bei Besorgung 
seines Vermögens den Regeln des Zivilrechts und steht unter der 
Zivilrechtspflege. Der eigentliche Staat hat kein Vermögen; dafür 
hat er die obrigkeitliche Gewalt, das allgemeine Befehlsrecht. 
Der Fiskus ist Untertan. Der Staat befiehlt dem Fiskus, 
Doppelsinn des Wortes läßt die Sache oft wie eine gegenseitige Vertretung er- 
scheinen. So z. B. bei Koch a. a. O. S. 404 und S. 405. 
26 Die klassische Formulierung gibt Koch, Lehrbuch des Preuß. Priv. 
Rechts I S. 170 (8 60): „Der Staat tritt in zweifacher Hinsicht als juristische 
Person auf, als Staatsgesellschaft zur Verwirklichung des Staatszweckes 
(Majestäts- und Hoheitsrechte) und als Erwerbsgesellschaft zur Herbeischaffung 
der Mittel zu diesem Zwecke. Beide Gesellschaften sind voneinander wohl zu 
unterscheiden.“ Die letztere ist der Fiskus,
	        
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