Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

8 6. Die Herrschaft des Gesetzes. 73 
hört anderseits nicht alles hierher, was sie in dem Kapitel „Von 
den Rechten der Preußen“ oder wie diese Überschriften lauten, 
aufzuführen für gut befunden haben, weil es für die Masse der 
Untertanen erfreulich sein kann. 
Das gilt namentlich von den bloßen Zusagen, es solle über 
einen gewissen Gegenstand künftig ein ihn ordnendes Gesetz er- 
gehen. Dadurch wird die vollziehende Gewalt zunächst noch in 
keiner Weise beschränkt. Das wird erst das künftige Gesetz tun 
mit seinem Vorrang und seiner bindenden Kraft '®, 
Zum Teil wird hier auch noch über das hinausgegangen, was 
die Freiheitsrechte sein wollen. Es kann bestimmt sein, daß gewisse 
Dinge überhaupt von Staats wegen nicht geschehen dürfen, auch 
nicht in Form eines Gesetzes und auf Grund eines solchen. Da 
kann ja immer noch im Wege eines verfassungsändernden Gesetzes 
künftig einmal Bahn frei gemacht werden. Aber das zählt nicht. 
Einstweilen stehen bei einem also verstärkten Freiheits- 
recht Gesetz und Regierung gleichmäßig vor verschlossener Tür, 
und von rechtlichen Vorzügen ist zwischen ihnen nicht die Rede '®. 
Wir haben es hier nur mit den einfachen Freiheitsrechten zu 
tun und der dadurch gegebenen Machtstellung des Gesetzes. Sie 
hat das Eigentümliche, daß sie von selbst und allgemein im 
voraus wirkt, im Gegensatz zur bindenden Kraft und zum Vor- 
rang, die jeweils erst an das bereits ergangene Gesetz sich an- 
schließen. Man mag ja den Vorbehalt auch bezeichnen als die 
ausschließliche Fähigkeit des Gesetzes, auf dem vorbehaltenen Ge- 
biete wirksam zu werden. Aber wenn das Gesetz nun davon 
Gebrauch macht, übt es ganz die nämlichen Wirkungskräfte, die 
es auch auf dem nicht vorbehaltenen Gebiete auszeichnen: rechts- 
satzschaffende Kraft und Vorrang. Nur eins kommt hier hinzu. 
Das ist aber nicht etwa eine neue Beschränkung der vollziehenden 
Gewalt, sondern im Gegenteil stets nur ein Seitenstück der unter n. 1 
und n.2erwähnten Übertragungen, eine Machterweiterung, welche 
ein solches Gesetz der bisher von diesem Gebiete ausgeschlossenen 
bereitet: ihr wird dadurch die Türe aufgetan, so daß sie nun auch 
ihrerseits in entsprechendem Maße dort zu handeln befugt ist!”. 
15 Preuß. Verf. Urk. Art. 26: „Ein besonderes Gesetz regelt das ganze 
Unterrichtswesen“. Sächs. Verf. Urk. $ 44 (Staatsdienergesetz verheißend). 
16 Preuß. Verf. Urk. Art. 10: „Der bürgerliche Tod und die Strafe der 
Vermögenseinziehung finden nicht statt“. 
1? Man mag darin ein Seitenstück sehen zu den bei den andern zwei 
Wirkungskräften auch vorkommenden Übertragungen (oben S. 68, S. 70). — An
	        
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