Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

$ 7. Die bindende Kraft des Verwaltungsrechtssatzes. 79 
Verwaltung, die schöpferisch durch eigene Zutaten den Inhalt des 
staatlichen Willens, sein Wie und Was, für den gegebenen Fall 
fertigstellt. 
Es kann auch sachlich gar nichts Genaueres bestimmen und 
nur der Verwaltung eine allgemeine Ermächtigung geben, daß sie 
ihrerseits für einen gewissen Gegenstand oder Geschäftszweig 
selbst bestimme, was für die ihr anbefohlene Aufgabe des 
Gemeinwesens erforderlich und angemessen erscheint. 
Man mag hier von „Rechten“ der Verwaltung sprechen, die 
das Gesetz begründete; sie sind alle nicht wesentlich verschieden 
von dem „Rechte“ des Gerichtes, dem das Gesetz seine Anwendung 
auf den Einzelfall anvertraut. Es ist geordnete Mitarbeiterschaft 
für den gemeinsamen Zweck. Der Ausdruck „Anwendung des Ge- 
setzes“ paßt nicht mehr dafür, weil die Tätigkeit der Verwaltung 
ein viel freieres Verhältnis zuläßt. 
Die so beliebte Bezeichnung der Verwaltung als ein Handeln 
„in den Schranken des Gesetzes“ ist allerdings zu sehr noch von 
zivilrechtlichen Anschauungen bestimmt; sie übersieht die alles 
beherrschende Idee des Zusammenarbeitens. Es ist vielmehr der 
Begriff der Vollziehung des Gesetzes, der uns hier ent- 
gegentritt als das Handeln gemäß dem Gesetz, das Wirksam- 
machen des Gesetzes in mehr oder weniger strenger 
Gebundenheit durch dieses. Die Vollziehung umfaßt die 
Tätigkeit zu einfacher Anwendung des Gesetzes wie auch die Aus- 
füllung des Spielraums, den es läßt, in dem Sinn und in der 
Richtung, wie es sie dafür bestimmt hat°,. 
In der rechtlichen Notwendigkeit, gemäß dem vorhandenen 
Gesetze nach den Regeln der Vollziehung tätig zu sein, besteht 
die Gebundenheit, welche hier bei der Verwaltung erscheint. 
2. Wer ist es nun, der auf solche Weise durch den Rechts- 
satz gebunden wird? Wenn wir bisher vom Gericht, von der Ver- 
waltung sprachen, so muß es jetzt genauer gesagt werden; denn 
diese Bezeichnungen konnten doch nur vorläufig genügen. 
Das Nächstliegende ist, den Staat zu nennen. Handelt es 
5 Äbnlich Haenel, St.R. I S. 122; Sarwey, Allg. Verw.R. S. 22 u. 23; 
Fleiner, Instit. S.4 u. 5. Der letztere will jedoch unter „Vollziehung“ oder 
„vollziehender Verwaltung“ einen besonderen „Kreis staatlicher Geschäfte“ ver- 
stehen, welcher neben Rechtsetzung, Rechtsprechung und Regierung (= „freie 
Verwaltung“) träte.e Wir gebrauchen hier das Wort lediglich zur allgemeinen 
Bezeichnung des Verhältnisses, in welchem die Verwaltung zum Gesetze steht, 
wo sie mit ihm in Berührung kommt,
	        
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