80 Grundzüge der Verwaltungsrechtsordnung.
sich doch beim Verwaltungsrecht um das Verhältnis zwischen
Staat und Untertan. Also müßte die uns hier beschäftigende innere
Seite der Rechtssatzwirkung den Staat treffen, wie die äußere den
Untertanen.
Nun läßt sich freilich nicht verkennen, daß auch das Gesetz,
das den Rechtssatz enthält, selbst wieder der Staat ist. Und so ist
man denn dahin gelangt, die Wirkung des Gesetzes zu erklären als
eine Selbstbindung des Staates. In Wirklichkeit ist das
aber keine Erklärung, sondern nur wieder ein neuer Name für
das zu lösende Rätsel ®,
Dem gegenüber hat man etwas Greifbareres geben wollen, indem
man als die durch das Gesetz Gebundenen bezeichnete die einzelnen
Träger staatlicher Tätigkeit, die „Behörden und Beamten“.
Allein, wenn das die Beamten persönlich bedeutet, so würde
wieder nicht einleuchten, wie nun daraus das Verhältnis zwischen
Staat und Untertan seine Ordnung erhalten soll. Die Behörde
aber im Gegensatze zum Beamten ist entweder auch wieder der
Staat selbst oder eine bloße Einrichtung des Staates, mit der hier
nichts anzufangen ist”.
Die Theorie findet das richtige Wort nicht, um auszudrücken,
was sie meint, so lange ihr jedes Verhältnis zu der Lehre von
der Trennung der Gewalten fehlt. Tatsächlich sind ja
hier nicht bloß Behörden und Beamte gebunden, ist aber auch
der Staat nicht schlechthin gebunden. Nicht gebunden ist er
bekanntlich, wenn sein Wille in Form des verfassungsmäßigen
Gesetzes auftritt; der durchbricht rechtlich alles, auch den älteren
gesetzlichen Rechtssatz. Das ist aber nichts anderes als die
Erscheinung der gesetzgebenden Gewalt. Diese also ist frei.
Gebunden soll nur sein aller auf irgend welche andere Weise
entstandene Staatswille.e Sagen wir einfach die vollziehende
6 Der Führer ist hier Jellinek, Staatenverträge S. 9ff.; Staaten-
verbindungen S. 30ff.; Ges. und Verord. S. 198ff.; R. des mod. St. S. 331 ff.;
Subj. Rechte S. 195 ff. Eine Selbstbindung der „obersten Staatsorgane“ durch
„sittliche“ Pflichten (Subj. Rechte S. 196, 197) wird man gern zugeben; wie
aber daraus ohne weiteres rechtliche Gebundenheiten des Staates selbst
werden, bleibt dunkel.
? Laband, St.R. II S. 74: „Die Staatsgewalt in abstracto ist durch das
Gesetz niemals gebunden .. . wohl aber jeder, der die Staatsgewalt nach dem
Willen des Staates zu handhaben hat“. Die Verwaltungsgesetze sind vielmehr
„Befehle der Staatsgewalt an die Behörden und Beamten und an die übrigen
Körperschaften und Personen, welche staatliche Funktionen zu verrichten haben.“
So auch Seligmann, Begr. d. Ges. S. 98if.; Bierling, Krit. d. jur. Grund-
begr. 1 S. 3%4; Fleiner, Instit. S. 127.