S 35. Das öffentliche Eigentum; Begriff und Umfang. 105
Der Gedanke der besonderen Rechtsgewähr für den zweck-
mäßigen Bestand der Sache, um des Schutzes willen, den sie dem
Gemeinwesen bereitet, kommt noch stärker und ausschließlicher
zur Geltung bei den Festungswerken. Nach der früheren
Bauart und der Rolle, welche die Befestigungswerke damals im
Kriege spielten, mußte ihre selbständige Wirkung für den wichtigen
Zweck der Landesverteidigung — die unmittelbare Verwaltung, die
in ihnen erscheint, wie wir sagen — noch viel handgreiflicher
hervortreten als jetzt. Immerhin ist noch genug geblieben, um
jene rechtliche Sonderstellung zu rechtfertigen. Die Unersetzlich-
keit jeder Stelle und die hochgradige Empfindlichkeit gegen jede
rechtliche Einwirkung, die dem Zwecke nicht angemessen sein
könnte, ist gewiß nicht geringer als bei den Verkehrswegen. Von
Gemeingebrauch ist hier selbstverständlich keine Rede ®,.
‚ In gleichem Sinne werden auch Schutzdeiche und
Überschwvemmungsdämme zu den Öffentlichen Sachen zu
rechnen sein, wegen der Gefahrenabwehr, die jedes Stück von
ihnen für das Gemeinwesen bedeutet. Auch hier gibt es keinen
Gemeingebrauch, auf welchen die Sonderstellung zurückzuführen
wäre 46,
Auf dem Gebiete der Ortsgemeindeverwaltung begegnen wir
allerlei Vorkehrungen, bei welchen der Gesichtspunkt der Unentbehr-
lichkeit und der rechtlichen Unantastbarkeit der Zweckbestimmung
in Betracht kommen kann. Je nachdem werden sich dann diese
Dinge — auch ohne ausdrückliches Gesetz — im geltenden Recht
zu Öffentlichen Sachen gestalten. Das wird namentlich zutreffen
bei den allgemeinen Abzugs- und Ableitungskanälen (im
*° Daß der Versuch, die öffentliche Sache dem „Publikum“ zuzueignen, dem
der Gemeingebrauch gehört, gerade an den Baseler Festungswerken gemacht
werden mußte (vgl. oben Note 13), verdient als eine Merkwäürdigkeit verzeichnet
zu werden. Auch Wappäus, D. Rechtsverk. entz. Sachen S. 107, will sie unter
seinen Begriff der öffentlichen Sache bringen, der da hängt an der „Bestimmung
zum öffentlichen allgemeinen bestimmungsmäßigen Gebrauch aller Staats- resp.
Gemeindeangehörigen, dann aber auch aller Fremden“ (S. 106). Namentlich der
bestimmungsmäßige Gebrauch der Festungswerke durch „alle Fremden“ möchte
Sich gut ausnehmen! -— Richtig O.V.G. 28. März 1896 (Entsch. XXIX S. 232):
„Öffentliche Wege sind, ganz ebenso wie Festungswerke, öffentlichen Zwecken un-
mittelbar bestimmte Sachen, die als solche, als sogenannte öffentliche Sachen, so-
weit ihre Bestimmung für öffentliche Zwecke reicht, dem gewöhnlichen Privat-
rechtsverkehr entzogen sind.“
* Jhering, Der Streit zwischen Basel-Land und Basel-Stadt S. 44, hält
auch hierfür seine einseitige Betonung des Gemeingebrauchs aufrecht.