Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

112 Das öffentliche Sachenrecht. 
freieres Spiel lassen mußte: der Strom verlegt sein Bett, die 
Strandlinie schiebt sich landeinwärts. In Kraft des Rechtssatzes, 
der diese Dinge dem Staate zuspricht, folgt sein Eigentum jeweils 
dem neuen Bestand, ohne Erwerbsakt, ohne Herrichtung, ohne 
neue Widmung; die alte Zweckbestimmung und ihre Aufrecht- 
erhaltung durch den Staat gehen einfach mit”. 
Der neuen Zeit und ihrer gehobenen Technik entsprechen mehr 
künstliche Veränderungen: ein Durchstich wird ausgeführt, 
der das Strombett verlegt, der bisherige Privatfluß wird durch 
Kunstbauten schiffbar gemacht. Hier beginnt das Unternehmen 
wieder nach Art der meisten Öffentlichen Sachen damit, daß der 
Staat mit den betroffenen Privatrechten sich abfindet; dann werden 
die Herrichtungsarbeiten vorgenommen und zuletzt wird eine mehr 
oder weniger förmliche Indienststellung erfolgen, eine Widmung ®. — 
Ein anderer Fall von besonderer Gestaltung der Reihenfolge 
ist der der Begründung öffentlichen Eigentums durch Übernahme. 
Sie findet sich namentlich bei Straßen. 
Eine Öffentliche Straße kann den Herrn wechseln und öffent- 
liche Straße bleiben: der Staat übernimmt eine Kreisstraße, die 
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? Daher vergleicht 1. 30 $ 3 D. 41, 1 den Fluß mit einem Katasterbeamten, 
der das Grundstück umschreibt: flumina enim censitorum vice funguntur, ut ex 
privato in publicum addicant et ex publico in privatum. 
® A.L.R. II, 15858 389 u. 40 schreibt für diesen Fall Entschädigung der „bis- 
herigen Eigentümer“ vor; $ 41 fügt hinzu: „Übrigens gehen durch die Schiffbar- 
mäachung eines Privatflusses die Eigentumsrechte, soweit dieselben mit der nun- 
mehrigen Bestimmung des Flusses bestehen können, noch nicht verloren.“ Das 
will nicht sagen, daß der „bisherige Eigentümer“ nun schlechthin Eigentümer 
bleibt nur mit angemessenen Beschränkungen. Die Schiffbarmachung gegen Ent- 
schädigung ist eine Enteignung im Sinne von A.L.R. I, 11 $ 4. Aber diese er- 
streckt sich nur auf den für die neue Wasserstraße in Anspruch genommenen 
Teil des Privatflusses, nur soweit wird er jetzt „öffentlicher Fluß“ wie die von 
Natur schiffbaren. So O.V.G. 26. Sept. 1889 (Entsch. XVII S. 125): „Die Ein- 
wirkung auf die rechtliche Natur des Privatflusses reicht in solchen Fällen nicht 
weiter als die Absicht des Staates, die von demselben ausgehende Bestimmung des 
Privatflusses bezüglich seiner Benutzung als Verkehrsstraße geht.“ R.G. 21. Okt. 
189) (Entsch. XLV S. 183) macht davon Anwendung auf einen Nebenarm der 
schiffbaren Saale: „Wird ein Privatfluß vom Staate erst schiffbar gemacht, dann 
wird er zu einem öffentlichen nur, wenn und soweit der Staat ihn dem öffentlichen 
Verkehr widmet.“ Soweit ist er aber auch „den von Natur schiffbaren Flüssen 
gleichzustellen“: O.V.G. 11. Febr. 1904 (Entsch. XLV S. 297), Auch an der neuen 
Wasserstraße selbst bleiben noch Reste des früheren Privateigentums; Dern- 
burg, Sachenrecht $ 136 Note 1: „Es erhält sich z, B. das Jagdrecht auf dem 
Flußgebiete.“ Das läßt sich auch mit dem öffentlichen Eigentum wohl verein- 
baren; vgl. unten Note 24.
	        
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