5 36. Die Rechtsordnung des öffentlichen Eigentums. 113
Stadtgemeinde eine Staatsstraße. Das bietet hier keine Eigen-
tümlichkeiten ®.
Es kann aber auch eine Privatstraße zur öffentlichen Sache
werden. Ein Unternehmer hat, um seine Grundstücke verkäuflich
zu machen, den städtischen Vorschriften entsprechend die im Be-
bauungsplan vorgesehene Straße fertiggestellt. Mit stillschweigender
Duldung der Polizei läßt er bisher schon jedermann darauf ver-
kehren, wie wenn es eine Öffentliche Sache wäre; das wird sie aber
erst, wenn auf seinen Antrag die Stadt nunmehr die Straße über-
nimmt. Hier haben dann die Herstellungsarbeiten zunächst noch
gar nichts mit Öffentlicher Verwaltung zu tun. Die Widmung, der
entscheidende Akt, wird äußerlich nicht erkennbar: was die Straße
bisher im Namen des Privatunternehmers leistete, leistet sie von
der Übernahme ab im Namen der Stadt, des Subjekts öffentlicher
Verwaltung, und deshalb ist sie jetzt Öffentliche Sache. Die Über-
tragung des Eigentums, die nach B.G.B. sich vollzieht, kann schon
vorher erfolgt sein; dann wird die Straße sofort mit der Über-
nahme Öffentliches Eigentum. Sie kann auch erst nachher ge-
schehen; dann hat die Stadt die Straße einstweilen nur in öffentlich-
rechtlichem Besitz, öffentliches Eigentum entsteht für sie mit der
privatrechtlichen Übertragung !°.
3. Die Entstehung einer öffentlichen Sache kann vermittelt
sein durch Verpflichtungen des Trägers öffentlicher Ver-
waltung, dem sie gehören soll; daran schließt sich dann auch die
Pflicht, sie in Stand zu halten, und nötigenfalls der in öffentlich-
rechtlichen Formen vorgehende Zwang.
In diesem Sinne wird die Herstellung einer Brücke, eines Kanals,
einer Eisenbahn zum Inhalt einer öffentlichrechtlichen Verleihung
mit der Wirkung, dem Beliehenen die entsprechenden Leistungen
aufzulegen; vgl. unten $ 50, I.
® Über den die Übernahme vermittelnden Rechtsakt selbst vgl. unten Note 12.
. 1° Auf derartige Fertigstellung von gemeindlichen Straßen behufs künftiger
Übernahme durch die Gemeinde beziehen sich Preuß. Straßenges. v. 2. Juli 1875
$ 15 und Sachs. Bauges. v. 1. Juli 1900 8 77. — Ein Fall einfacher Besitzergreifung
von einer bisherigen Privatstraße durch die Stadt in R.G. 6. Okt. 1905 (Entsch.
LXI S. 322): Das Gericht spricht dem bisherigen Eigentümer Entschädigung zu,
weil sonst „die Gemeinde ohne Gegenleistung das publizistische Eigen-
tum der von ihr in Besitz genommenen Grundstücke erwerben würde“. Vgl. dazu
unten S. 120. R.G. 10. Juli 1908 (Eger, Eisenb.Entsch. XXV S. 280): Privat.
straße wird enteignet; das bedeutet eine Änderung nur, „soweit an die Stelle
privatrechtlicher Verhältnisse öffentlichrechtliche getreten sind“. Hier blitzt auch
beim Reichsgericht einmal die Idee des öffentlichen Eigentums auf.
Binding, Handbuch. VI.2: Otto Mayer, Vorwaltungsrecht. II. 2. Aufl. 8