Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

114 Das öffentliche Sachenrecht. 
Der Hauptfall ist der der Selbstverwaltungslast: Ge- 
meinden und höhere Kommunalverbände, zu deren Angelegenheiten 
die Sorge für das entsprechende Wegewesen gehört, werden im 
Aufsichtswege angehalten, ihre Schuldigkeit zu tun, nicht bloß für 
die Unterhaltung der bestehenden Wege, sondern auch für die 
Schaffung der durch das Verkehrsbedürfnis neu geforderten (unten 
8 58, III n. ]). 
Auch privatrechtliche Verpflichtungen solchen Inhaltes 
können von Staat oder Gemeinde Einzelnen gegenüber vertrags- 
mäßig übernommen werden und umgekehrt Einzelne ihnen gegen- 
über so verpflichtet sein, privatrechtlich oder öffentlichrechtlich. 
Überall hat das für das Recht der öffentlichen Sache selbst 
keine unmittelbare Bedeutung; es bildet keinen Bestandteil unseres 
Rechtsinstituts, sondern stellt rechtliche Zusammenhänge vor, in 
welche dieses bei seinen Verwirklichungen sich hineingestellt findet, 
wie andere Institute auch!. 
ıı Für die Praxis ist es natürlich ein Hauptaugenmerk, daß für die Instand- 
haltung der Sache gesorgt sei. Das spitzt sich dann gern darauf zu, daß man 
eine begriffswesentliche Voraussetzung der öffentlichen Sache daraus macht. 
0.V.G. 12. Juli 1897 (Entsch. XXXII S. 204): „Einen öffentlichen Weg ohne 
einen zur Unterhaltung Verpflichteten kann es nicht geben .... Sollte sich er- 
geben, daß die behördliche Tätigkeit nicht zur Begründung einer solchen Pflicht 
geführt hat, so ist auch kein öffentlicher Weg geschaffen worden.“ Ähnlich 
Germershausen, Pr. Wegerecht I S. 5: „Zu einer rechtsgültigen Widmung 
gehört, daß auch Bestimmung darüber getroffen wird, wem künftig die Unter- 
haltung des Weges obliegen soll.“ Das trifft alles das Wesen der Sache nicht. 
Zu einem öffentlichen Wege ist allerdings erforderlich, daß ein Träger öffent- 
licher Verwaltung da sei, dem er zugehöre. Diesem wird dann auch die 
Unterhaltungspflicht obliegen, wenn nicht ein besonders Verpflichteter auf- 
zuweisen ist, der ihn entlastet. Aber das ist doch nur ein Nebenpunkt. — Er- 
klärt man den Bestand einer solchen Verpflichtung für wesentlich, so muß auch 
die Widmung, welche die öffentliche Sache zur Entstehung bringt, fähig sein, 
sie zu regeln und zu erzeugen. Sie wird notwendig zum obrigkeitlichen Akt, zur 
„polizeilichen Verfügung“, die nur von einer Behörde ausgehen kann. Von diesem 
Standpunkte aus macht es sogar Schwierigkeiten, wenn ein Privatweg der Gemeinde 
von dieser zum. öffentlichen Weg umgewandelt werden soll, weil der Magistrat 
„zugleich Wegepolizeibehörde und Gemeindevertreter ist“: O.V.G. 18. Dez. 1899 
(Entsch. XXXVI S. 288), Das Bild, wie man sich den Vorgang ordentlicherweise 
denkt, kommt in der Formel zum Ausdruck, daß es zur Entstehung eines öffent- 
lichen Weges der Zustimmung von drei „Rechtsbeteiligten“ bedarf: Eigentümer, 
Wegebaupflichtiger und Polizeibehörde. So O.V.G. 6. Mai 1896 (Entsch. XXX 
S. 212), 30. Okt. 1905 (Fischer Zischft. XXXI S. 855); R.G. 4. Febr. 1901 (Entsch. 
XLVIO S 297); Germershausen, Preuß. Wegerecht I 8.5. Bei der Wichtig- 
keit, welche der Widmung zukommt, kann es ganz gerechtfertigt sein, eine Be- 
hörde dabei mitreden zu lassen; Behörden machen ja nicht nur Verwaltungsakte.
	        
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