$ 36. Die Rechtsordnung des öffentlichen Eigentums. 115
Il. Die Rechtsordnung des einmal entstandenen Öffentlichen
Eigentums regelt die Beziehungen des Herrn der öffentlichen Sache
als solchen zu anderen, welche mit ihr in Berührung treten.
1. Die öffentliche Sache ist nicht außer Verkehr. Kraft
seines Eigentums kann der Herr der öffentlichen Sache über sie
verfügen. Weil er als solcher auf dem Boden des öffentlichen
Rechts steht, vollziehen sich diese Verfügungen nach den Formen
und Bedingungen des Öffentlichen Rechts:
— Eine öffentliche Sache kann veräußert werden. Voraus-
setzung ist, daß der Empfänger ebenso befähigt ist, Öffentliche
Verwaltung weiterhin durch sie zu betreiben; sonst kann sie eben
nicht als öffentliche Sache veräußert werden, sondern fällt die
Abtretung unter die Regeln einer Einziehung (unten III). Es
handelt sich also stets um eine Verwaltungsverschiebung,
die das Eigentum mit begreift. Die Form ist die eines Sonder-
gesetzes oder eines Verwaltungsaktes, der dann besondere Ge-
staltungen annehmen kann '?,
Die plumpe Vorstellung von einer notwendig darin liegenden polizeilichen Ver-
fügung verkennt die rechtliche Natur der Widmung; vgl. oben Note 8,
!8 Das bewegt sich alles auf dem Boden der unten $ 60 noch besonders zu
behandelnden Rechtsbeziehungen zwischen den verschiedenen Verwaltungskörpern. —
E.G. z. B.G.B. Art. 126 hat wesentlich solche Vorgänge im Auge. Mot. z. Entw.
l. L. bemerken, zu dem entsprechenden Art. 68: „Die im Art. 68 bezeichneten
Eigentumsübertragungen sind eine innere, den Privatverkehr nicht interessierende
Angelegenheit der beteiligten öffentlichen Gemeinwesen“ (S. 193). Hier ist um-
schrieben, was wir eine Verwaltungsverschiebung nannten. Ein Beispiel gibt das
Preuß, Ges. v. 8. Juli 1875 $ 18 Abs. 2, wodurch die Chausseen des Staates mit
allen Rechten und Pflichten auf die Kommunalverbände übergehen. Sehr bäufig
ergibt sich der Fall, daß Straßen des Staates oder eines höheren Kommunal-
verbandes einer sich baulich ausdehnenden Stadt überwiesen werden. Das ge-
schieht durch eine „Vereinbarung“, bei welcher der Erwerber nicht etwa einen
Kaufpreis oder sonstigen Gegenwert leistet, sondern im Gegenteil eine Entschädigung
erhält für die fortan ihm obliegenden Kosten der Unterhaltung. Vgl. Erläuterungen
z. Auaf.Best. v. 22. Mai 1891, betr. die Übereignung von in Stadtgebieten belegenen
Teilen von Provinzialstraßen an die Stadtgemeinden (Schleswig-Holstein), bei
Germershausen, Preuß, Wegerecht II S. 624 ff.
Staat und Gemeinden haben ihr Gebiet (Gebietskörperschaften); öffentliche
Wege haben sie ordentlicherweise nur, soweit ihre öffentliche Gewalt, ihr Gebiet
reicht, Daher auch der Wechsel des öffentlichen Eigentums zwischen Staaten und
zwischen Gemeinden unmittelbar an die Gebietsveränderung sich knüpft. Ubbe-
lohde, Forts. zu Glück, Bd. 43 u.44, IV S. 88 ff, zieht daraus mit Recht einen
Beweis für die Übertragbarkeit von öffentlichen Sachen. Er bemerkt: „Allerdings
wird es nicht eben häufig vorkommen, daß ein Staat dem anderen etwa eine Chaussee
als solche überträgt. Warum indessen sollte das nicht bei einer Grenzregulierung,
also in der Weise sich ereignen können, daß an dem abgetretenen Stück zugleich
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