Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

$ 36. Die Rechtsordnung des öffentlichen Eigentums. 135 
Rechte bestimmte. Es folgt seiner natürlichen Schwerkraft und 
unterliegt fortan der Beurteilung nach Zivilrecht. 
Der bisherige Eigentümer, Staat, Gemeinde, beliehener Unter- 
nehmer, bleibt Eigentümer. Aber die rechtlichen Beziehungen, in 
welche er als solcher zu anderen Rechtssubjekten tritt, regeln sich 
fortan nach den Bestimmungen des B.G.B. Das ist es, was wir 
zivilrechtliches Eigentum nennen *. 
Das darf man sich nicht vorstellen als ein Freiwerden zivil- 
rechtlichen Eigentums von einer öÖffentlichrechtlichen Last, die 
darauf ruhte: zivilrechtliches Eigentum hatte bisher niemand an 
der Sache, und der Eigentümer befreit sie durch die Einziehung 
nicht von einer Last, sondern ändert nur die Verwendung seiner 
freibleibenden Sache. 
Falsch ist auch die Auffassung des Vorganges als eines Eigen- 
tumserwerbsaktes. Vom einseitigen Standpunkte des Zivilrechts 
aus ist ja wirklich bisher nichts dagewesen, und aus dem Nichts 
entsteht durch die Einziehung der öffentlichen Sache ein Eigentum, 
welches es anerkennt und ordnet. Wenn das Öffentliche Recht die 
nämliche fesselnde Kraft der Einseitigkeit auf seine Wissenschaft 
übte, so würde diese den umgekehrten Satz aufstellen müssen: 
Eigentum geht unter durch die Einziehung der öffentlichen Sache. 
In Wahrheit bleibt das Wesen des Eigentums, die umfassende 
rechtliche Macht über die Sache, hier unverändert bestehen. Die 
Regeln für die fernere Ordnung der daran sich knüpfenden recht- 
lichen Beziehungen allein werden gewechselt. Daß das möglich ist, 
das ist die Folge der großen Tatsache, daß wir für alle diese 
Dinge jetzt zwei ebenbürtige Rechtsarten nebeneinander haben, 
bürgerliches Recht und öffentliches Recht. In der Idee des öffent- 
lichen Eigentums findet sie ihren klarsten Ausdruck #. 
  
# Vgl, oben $ 35, I. 
* Bekker, Syst. d. Pand.R. S. 335, der selbst nichts sehnlicher wünschte 
als von der alten unbefriedigenden halbzivilrechtlichen Lehre loszukommen (vgl. 
oben $ 35 Note 26), hat nur ein großes Bedenken, das ihm die rettende Idee des 
Öffentlichen Eigentums unzugänglich macht: „Der Privatrechtslehrer müßte doch 
auch anzugeben vermögen, welche anderen Rechte seinem eigenen Eigentum den 
Platz vorwegnehmen und wieder in sein eigenes Eigentum sich zu verwandeln 
vermögen.“ Das, meint er, sei das größte Hemmnis dieser Theorie: „wie aus 
einem anderen Rechte Eigentum werden kann, ist nicht genügend aufgeklärt . 
Das Sächsische Oberverwaltungsgericht spricht ihm nach, wenn es als Grund seiner 
Abwendung von meiner Lehre, außer dem Mangel einer „gesetzlichen Bestimmung“ 
(vgl. oben $ 35 Note 19}, hervorhebt, „daß noch niemand das Rätsel gelöst hat. 
wie sich ein derartiges Recht bei Widmung des ihm unterworfenen Grundstücks
	        
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