Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

$ 37. Der Gemeingebrauch. 139 
eigentlich ausgeschlossen. Da das nun tatsächlich nicht der Fall 
ist, so pflegt man außerhalb der Begriffsbestimmung noch einen 
Zusatz zugunsten der Nichtbürger zu machen. Diese haben nämlich 
ganz das Gleiche, und der ganze Trennungsstrich muß sich höchstens 
etwa rechtfertigen lassen durch die Bemerkung, daß diese Gleich- 
stellung möglicherweise einmal doch nicht stattfinden könnte, 
sondern eine Zurücksetzung der Nichtbürger einträte. Das ist 
natürlich kein haltbarer Standpunkt mehr‘. 
Die Folgerichtigkeit führt dahio, den Ring zu durchbrechen 
und die Trägerschaft des Rechts auf einem freieren und weiteren 
Felde zu suchen, wie es der Wirklichkeit entspricht. Da wird 
dann berechtigt zum Gemeingebrauch das „Publikum“ oder die 
„Menschengesellschaft*, genauer gesagt — denn das sind 
keine Rechtssubjekte — jeder Einzelne, der zu diesen Massen ge- 
hört®. Was das heißt, ist aber leicht zu sagen. Wenn man ganz 
einfach und ehrlich sein will, spricht man es aus und sagt: Be- 
rechtigt zum Gemeingebrauch ist jedermann®. " 
  
* Gierke a. a. 0. Note 19 fügt seinem im Text aufgestellten strengen Mit- 
gliedschaftsrecht alsbald die Milderung hinzu: „Allerdings werden auch Fremde 
zum Mitgebrauche verstattet.“ Ganz richtig ist auch die beigefügte Bemerkung: 
„Ihre Zulassung beruht aber auf der Gleichstellung mit den Staatsangehörigen.“ 
Damit hört aber eben der Gemeingebrauch auf, ein Vorrecht der Stastesngehörigen 
zu sein. Vergeblich der Versuch der weither geholten Unterscheidung: Der ein- 
zelne Fremde habe „schon deshalb, weil er kein Recht auf Aufenthalt im Staats- 
gebiet hat, kein festes Recht auf den Gemeingebrauch“. Dann hätte er wohl auch 
kein „festes Recht“ auf den gemieteten Sperrsitzplatz im Theater! — Kloess, 
Die allg. Sachen S. 26, bat in ähnlicher Weise im Text den Gemeingebrauch nur 
„allen Staatsuntertanen“ freigegeben, um dann in Note 1 mildernd zu bemerken: 
„Gebietsangehörigen Ausländern steht das öffentliche Gebrauchsrecht nicht zu; 
gleichwohl werden ihnen die gleichen Vergünstigungen gewährt wie den Staats- 
angehörigen.“ Also! — Vgl. auch Regelsberger, Pand. I 8. 419. 
®* Das Publikum spielt seine Rolle als Gemeingebrauchsberechtigter bei 
Wappäus, Dem Rechtsverk. entzog. Sachen S. 112 u. 113. Bei Ihering, Gut- 
achten zum Baseler Schanzenstreit S. 38, wird es ja deshalb geradezu zum Eigentümer 
der öffentlichen Sache. Vgl. auch O.Tr. 12. Juni 1852 (Str. IV S. 244), 28. März 
1873 (Str. LXXXVII S..341); Oertmann, Bayr. Landespr.R. S. 397 ff. Auch 
die Franzosen drücken sich gern so aus; Proudhon, Dom. publ. I n. 220: „un 
droit d’usage ou d’usufruit etabli sur ce fonds au proflt du public“. Vgl. über 
diese Dinge Hawelka, Rechte an öff. Wegen S. 88. 
* RG. 12. Juni 1882 (Reger III S. 93): „Das an öffentlichen Wegen jeder- 
mann zustehende Recht“. Bekker, Pand. 1S.341: „Rechte, die allen zukommen“. 
Sarwey, Öf. R. u. Verw.R.Pfl. S. 429. — Fleiner, Instit. 3. 349, führt den 
Gemeingebrauch zurück auf einen „allgemeinen Anspruch der Gebietsangehörigen“. 
Die Gebietsangehörigen, die bei Kloess erst in zweiter Linie erscheinen nach 
den Staatsangehörigen, die eigentlich allein berechtigt sein sollten (vgl. oben Note 4).
	        
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