Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

142 Das öffentliche Sachenrecht. 
Die ursprüngliche genossenschaftliche Auffassung bleibt nach 
wie vor unmöglich. 
Das Subjekt, welches als Rechtsträger in Betracht käme, ist 
immer noch der unmögliche „jedermann“. 
Die tollen zivilrechtlichen Konstruktionen von servitutarischen 
Rechten dieses jedermann an den Grundstücken, die der Staat 
dafür bereit stellt, und die dann so lange dauern, bis es dem be- 
lasteten Staat beliebt, sie nicht mehr bereit zu stellen, sind nicht 
besser geworden: die sogenannten Gebrauchsrechte haben auch 
kein richtiges Objekt. 
Ihrem Inhalt nach sind sie nach wie vor nichts anderes als 
Möglichkeiten, sich an der Sache zu betätigen, ohne etwas wie ein 
Besitz daran und ohne Verfügungsmacht darüber, insofern immer 
noch ganz gleich den „Verstattungen“ des alten Polizeistaates. 
Das einzige Neue ist, daß diese Möglichkeiten jetzt eine ge- 
sicherte Rechtslage erhalten haben, entsprechend der Hebung, die 
den Lebensäußerungen des Menschen im neuen Staat überhaupt 
zuteil geworden ist. Es gibt jetzt einen gewissen Kreis solcher 
Lebensäußerungen, der als natürlich und selbstverständlich an- 
gesehen wird der Art, daß auch die öffentliche Gewalt ihn zu 
achten hat und in ihn eingreifen darf nur in der Kraft des 
Gesetzes. Was dahin gerechnet wird, bezeichnen wir als die dem 
Menschen im Staate zukommende Freiheit. Nun ist es Tatsache, 
daß zu dieser Freiheit auch gerechnet wird die bestimmungs- 
gemäße Benutzung der Öffentlichen Sachen, welche dem Gemein- 
gebrauch gewidmet sind und so lange sie das sind. Daran knüpft 
sich dann auch der besondere Freiheitsschutz des Rechts- und 
Verfassungsstaates 1°, 
Das ist das Neue. Nur das. Um ein subjektives öffentliches 
Recht handelt es sich nach wie vor nicht. Aber aus der Eigen- 
schaft des Gemeingebrauchs als eines Stückes der verfassungsmäßig 
gewährleisteten Freiheit des Menschen im Staate ergeben sich jetzt 
Folgerungen, die der Polizeistaat nicht kannte und die den Gemein- 
gebrauch zu einem rechtlich wohlgesicherten Vorteil des Einzelnen 
erheben !, 
  
10 Vgl. oben Bd. IS. 71 ff. Die auf solche Weise den Einzelnen gesicherte 
Leb@nsbetätigung gehört nicht bloß dem Staatsbürger: es sind „Menschenrechte". 
Daher die Vergeblichkeit der Versuche, den Gemeingebrauch genossenschaftlich 
zu beschränken; vgl. oben Note 4. 
1! Sarwey, Öf.R. u. Verw.R.Pfl. S. 429 f.: „wenn jemand von der Teil- 
nahme an den Einrichtungen des menschlichen Lebens, die allgemein jeder Person
	        
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