$ 37. Der Gemeingebrauch. 161
gebildet ist, dem Öffentlichen Rechte angehört, das kann heute nicht
mehr gut bestritten werden *.
Gleichwohl, da man eben immer noch unter der Herrschaft des
nicht unberechtigten Gefühls bleibt, sich hier auf einem ganz fremden
Boden zu befinden, wo man sich ins Uferlose verirren könnte,
klammert man sich mit einer gewissen Ängstlichkeit an den nächsten
festen Punkt, den das gewählte Vorbild zu bieten scheint. Daher
der Satz: es müsse sich, damit diese neuartige Entschädigung
Platz greife, immer um einen Eingriff handeln in ein bestimmtes
dingliches Recht am Grundstück",
Das ist tatsächlich viel zu eng gedacht; denn die gleiche Art
von Entschädigung findet sich im geltenden Rechte auch anerkannt,
wo von Grundstücken und von verletzten dinglichen Rechten über-
haupt nicht die Rede ist; der Grenzpflock ist also ganz willkürlich
gesteckt. Wir werden das ja noch sehen. Aber hier kommt es
zunächst nur darauf an, daß man eben von der Auffassung aus-
geht, Entschädigung könne dem Anlieger nur zugesprochen werden,
falls nachzuweisen ist, daß ihm ein dingliches Recht an dem ver-
legten oder veränderten Wege zustand, in das durch diese
Maßnahme eingegriffen worden wäre.
Und so begann jetzt in unserer Rechtsprechung und der damit
zusammenhängenden Literatur die mühselige Arbeit, dieses
dingliche Recht zu konstruieren.
Dabei wurden verschiedene Wege eingeschlagen, weil eben
offenbar keiner recht befriedigte*. Der wichtigste ist der, für
“ Vgl. oben $ 34, II und Note 27 ebenda.
*ı So will namentlich R.G. 1. Febr. 1898 (Entsch. XLI S. 146) sein allgemeines
Gewohnheitsrecht und seine analoge Anwendung der für die Enteignung bestehen-
den Entschädigungspflicht (oben Note 39) nur bestehen lassen für die Fälle, „in
denen unmittelbar die Entziehung des Eigentums oder die Aufhebung oder tat-
sächliche Beseitigung anderer dinglicher Rechte, auch ohne Übertragung auf den
Staat im Staatsinteresse erfolgt“.
“2 Darüber allgemein: Eger, Eisenb.Entsch. XX S. 197 ff.; Hawelka,
Rechte an öff. Wegen S. 97 f.; Germershausen, Preuß, Wegerecht I S. 99 fl.;
Schelcher in Fischer Ztschft. XXXI S. 91 f.; v. Blume, Das Recht der An-
lieger an öff. Straßen (Festgabe f. Schirmer S. 108 f.). — Erwähnt sei der Ver-
such, ein dingliches Recht der Anlieger unmittelbar auf den Willen des Ge-
setzes selbst zurückzuführen: Bering, Die Rechte der Anlieger S. 21 f.;
Loebell in Gruchot Beitr. XLI S. 1. Dazu die Kritik von v. Strauß u.
Torney in Verw.Arch. VIS.661. Auch das zivilrechtliche Nachbarrecht muß
herhalten: Schultzenstein in Gruchot Beitr. XVIII-S. 749; v. Blume,
Recht der Anlieger 8. 132; Germershausen, Preuß. Wegerecht I 8. 100 (dieser
verwertet es wenigstens teilweise).
Binding, Handbuch. Vi.2: Otto Mayer, Verwaltungsrecht. II. 2. Aufl. 1