166 Das öffentliche Sachenrecht.
I. Das Anwendungsgebiet unserer Gebrauchserlaubnis
sind Öffentliche Sachen. Sie bedeutet kein Stück des Gemein-
gebrauchs, sondern geht über ihn hinaus. Das tut sie aber in
zweierlei Weise:
— So daß sie an einer öffentlichen Sache stattfindet, die dem
Gemeingebrauch unterliegt, aber neben diesem etwas gibt, was
nicht in ihm enthalten ist. — Oder so, daß sie eine öffentliche
Sache erfaßt, an welcher Gemeingebrauch nicht besteht.
Wenn wir danach dieeinzelnen Anwendungsfälle zusammen-
zustellen suchen, so gilt es immer zunächst diese Grenze ein-
zubalten: die Benutzung darf nicht im Gemeingebrauch enthalten
sein. Sodann ist aber auch nach der entgegengesetzten Richtung
hin die Grenze zu achten: die Gewährung darf nicht übergehen in
die bestimmte Gestalt der Verleihung eines Nutzungsrechts an der
öffentlichen Sache. Was dazwischen übrig bleibt, bedarf
dann einer juristischen Feststellung und Erklärung, die ihm weder
der Gemeingebrauch noch die Verleihung zu geben imstande sind,
— was allerdings nur fühlbar wird, wenn man unter dem einen
wie dem andern etwas Bestimmtes versteht.
In dieser äußerlichen Umgrenzung begreift unser Gegenstand
die mannigfaltigsten Erscheinungen des täglichen Lebens.
Über den Gemeingebrauch hinausgehende, aber doch nur auf
einer solchen Verstattung beruhende Benutzungen finden sich vor
allem zahlreich an Öffentlichen Straßen und Plätzen. Hier
sind es in erster Linie gewerbliche Tätigkeiten, die Vergünstigungen
dieser Art in Anspruch nehmen. Droschkenhaltestellen werden
eingeräumt, Zeitungskioske, Sodawassertrinkhallen, Backwarenstände
und andere Verkaufsbuden dürfen sich dort niederlassen. Der
Marktverkehr gestattet weitere Benutzungen dieser Art, zeitweilig
kommen noch Meßbuden, Schauzelte, Karussells und andere
Vergnügungseinrichtungen dazu. Die Wohnhäuser lassen Nasen-
schilder, Schaukästen, Balkone und Erker mit besonderer Erlaubnis
in das Gebiet der Straße hineinragen. Ebenso dienen die Wasser-
übersehen. Zu voller Klarheit gelangt die Sache bei ihm nur deshalb nicht, weil
er es nicht über sich vermag, sich entschlossen auf den Boden des öffentlichen
Eigentums zu stellen. Seine Aufzählung von Beispielen solcher Nutzungen an
öffentlichen Wegen, die über den Gemeingebrauch hinausgehen (S. 107), enthält
Gebrauchserlaubnisse und Verleihungen durcheinander. Ebenso mischen sich diese
bei den dann folgenden Untersuchungen. —- Über das Mißgeschick der hier zu
unterscheidenden beiden Rechtsinstitute in unseren neueren Wassergesetzen vgl.
unten Note 2.