Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

$ 38. Die Gebrauchserlaubnis. 179 
alles mit tatsächlicher Leistung und Gegenleistung (vgl. unten $ 52 
II n. 2). 
3. Es ist nicht ausgeschlossen, daß gleichwohl hier auch ein 
Schuldverhältnis, eine Zahlungspfliicht des Benutzenden zustande 
kommt, außerhalb des Falles der rechtssatzmäßigen Gebührenpflicht 
also. Dafür ist die entsprechende Rechtsform der selbständige 
Verwaltungsakt. Es handelt sich um ein öffentlichrechtliches 
Verhältnis, und um ein solches zu begründen, steht neben dem 
Rechtssatz nur der Verwaltungsakt zur Verfügung. Wo die Be- 
hörde in dieser Form die Gebrauchserlaubnis erteilt — die Haupt- 
gelegenheit bietet die Verbindung mit einer Polizeierlaubnis (oben 
S. 170, 176 u. 177) —, kann sie dem Empfänger zugleich jene 
Zehlungspflicht auferlegen; die Rechtsgültigkeit beruht hier auf 
seiner Einwilligung: Verwaltungsakt auf Unterwerfung (vgl. oben 
Bd. IS. 100) 7, 
  
Die landläufige Meinung, öffentlichrechtlich nicht geschult, wie sie ist, hat 
hier zwei Bedürfnisse: einmal muß die Gebühr immer vermittelt werden durch 
ein zu begründendes Schuldverhältnis, und sodann muß dieses Schuldverhältnis 
begründet werden in den Formen des Zivilrecht. Anders kann man sich die 
Seche nicht denken. Daraus entsteht die gewaltsame Annahme eines Miet- 
vertrages, der in all diesen Gebrauchserlaubnissen stecken soll; die Gebühr ist 
vereinbarter Mietzins: O.Tr. 11. Juni 1857 (Str. XXV S. 161), 6. Nov. 1877 
(Str. XCVIII S. 98), 30. April 1878 (Str. XCVIII S. 328). So erklärt sich schließ- 
lich die Ängstlichkeit der Gemeinde in dem Falle Württ. 0.G.H. 9. Mai 1887 
(Reger VIII S. 96), die für die bewilligte Anbringung eines Privatpostbriefkastens 
an ihrer Straße keine Gebühr erheben will, „um zu vermeiden, daß die Angelegen- 
heit von einem anderen als polizeilichen Standpunkt aufgefaßt werde“. — Da all- 
mählich doch das Gefühl wach wird, daß eine privatrechtliche Verfügung, welche einen 
Besitz an der öffentlichen Sache einräumte, nicht recht stimmt, so redet man sich 
heraus mit der Unterscheidung: die Straße werde ja behufs Erzielung der „privat- 
rechtlichen Vergütung“ nicht als Verkehrsanstalt, sondern als Straßengelände zur 
Benutzung gegeben (0.V.G. 3. Nov. 1905, Entsch. XLVIII S. 118; vgl. oben Note 12). 
Als ob sich das trennen ließe! — Aber wenn auch die ganze Konstruktion eigent- 
lich nur der Gebührenforderung zuliebe gemacht ist, so sieht man sich dann folge- 
Tichtigerweise doch genötigt, das Schema des zivilrechtlichen Vertrags auch da beizu- 
behalten, wo für die Gebrauchserlaubnis nichts gezahlt wird. Ubbelohde, Glücks 
Pand. Bd.43 u.44 8. 108, führt das durch: Der Marktgast ist Mieter, wenn Markt. 
standgeld erhoben wird, anderenfalls wirder Prekarist oder Kommodatar oder „einem 
Kommodatar ähnlich“. Der Marktaufseher, der ihm in Handhabung der Markt- 
polizei den Platz anweist, begnügt sich also nicht mit dieser öffentlichrechtlichen 
Handlung, sondern vollzieht zugleich, den Pandekten zuliebe, ein precarium völlig 
gleichen Inhalts. — Germershausen, Preuß. Wegerecht I S. 90, benutzt um- 
gekehrt den Mietvertrag, um eine Unterscheidung zu verwischen, die für uns wich- 
tiger ist: „Ein Vertrag, durch welchen ein Straßenteil zum Feilhalten von Waren 
überlassen oder durch welchen das Einlegen von Schienen in die Straße gestattet 
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